Der angeklagte 20-jährige Syrer vor dem Landesgericht Wiener Neustadt.

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Wiener Neustadt – Nach drei Verhandlungstagen mit mehr als 20 Zeugen und drei Sachverständigen haben sich im Mordprozess in Wiener Neustadt nach den Schlussplädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Geschworenen am Donnerstagnachmittag zur Beratung zurückgezogen. Sie mussten entscheiden, ob der 20-jährige Syrer unter anderem des Mordes und der Störung der Totenruhe schuldig ist. Er soll im Jänner 2019 seine 16-jährige Ex-Freundin vor dem Wohnhaus aufgelauert und im Anton-Wodica-Park in Wiener Neustadt mit dem Gürtel erdrosselt haben. Der junge Mann sprach von einem Unfall. Im Fall einer Verurteilung wegen Mordes galt der Strafrahmen für junge Erwachsene (18 bis 21 Jahre), der bis zu 15 Jahre Haft vorsieht.

Am Abend folgte das Urteil: Der 20-jährige Syrer wurde einstimmig zu 15 Jahren Haft wegen Mordes, Störung der Totenruhe, Körperverletzung und sexueller Belästigung verurteilt. Zudem wird der Syrer in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Keine Spur von Reue

Erschwerend wurden das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die Vorstrafen, der rasche Rückfall sowie die grausame, qualvolle Vorgehensweise gewertet, sagte Richter Kurt Weisgram. Von Milderungsgründen wie dem Beitrag zur Wahrheitsfindung oder einem reumütigen Geständnis sei man "meilenweit entfernt" gewesen, begründete der Richter die Verhängung der Höchststrafe. "Von Reue gab es keine Spur", sagte Weisgram. Der Opferfamilie wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro zugesprochen. Die Staatsanwältin Antonella Baca gab keine Erklärung ab. Anwalt Andreas Reichenbach meldete volle Berufung an.

"Ich glaube an euer Gesetz und eure Gerechtigkeit, aber ich bleibe bei meiner Aussage. Ich habe den Mord nicht begangen", sagte zuvor der Beschuldigte am Donnerstag in seinen Schlussworten. "Ich habe genug Scheiße gebaut. Ich bin noch jung, junge Leute machen Fehler. Aber ich habe den Mord nicht begangen."

Einstweilige Verfügung

Der 20-Jährige habe die Ex-Freundin "verletzt, sexuell belästigt und schlussendlich getötet", war hingegen Staatsanwältin Baca überzeugt. "Es gibt keine Zweifel", sagte die Anklägerin. Baca betonte in Hinblick auf die Strafbemessung, dass keinerlei Milderungsgründe vorliegen würden, weder ein reumütiges Geständnis noch der Beitrag zur Wahrheitsfindung. Für sie komme nur die Höchststrafe infrage.

Das Mädchen hätte keinen Kontakt mehr zu dem Syrer haben wollen, es hätte ja auch eine einstweilige Verfügung gegeben. "Es gab keinen Grund, warum sie sich alleine mit dem Angeklagten an einem kalten Jännermorgen hätte treffen wollen", sagte die Anklägerin. Für Verteidiger Reichenbach wurden einige Beweise nicht aufgenommen. Denn die 16-Jährige und der Angeklagte haben eine On-off-Beziehung geführt, daher sei es schon nachvollziehbar, dass sich die beiden heimlich hätten treffen können. (red, APA, 3.10.2019)