Dieses aus Laos stammende Schuppentier konnte in Vietnam aus den Händen von Tierhändlern befreit werden. In Vietnam gilt das Fleisch der geschützten und gefährdeten Art als Delikatesse.
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Wir befinden uns, da ist sich die Wissenschaft einig, im sechsten großen Artenaussterben dieses Planeten. Zur Erinnerung: Das fünfte fand vor 66 Millionen Jahren statt und raffte unter anderem die Dinosaurier dahin. Nach den Schätzungen der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES), die für Biodiversität das leistet, was der Weltklimarat IPCC für das Klima macht, drohen eine Million Tier- und Pflanzenarten durch den Einfluss des Menschen in den nächsten Jahrzehnten an den Rand der Ausrottung gedrängt zu werden.

Als Gründe für dieses beschleunigte Artensterben werden im aktuellen IPBES-Bericht, der bislang nur in einer Rohfassung vorliegt, mit abnehmender Wichtigkeit der Verlust von Lebensraum und Landnutzungsänderungen, Jagd und Wilderei, Klimawandel, Umweltgifte und invasive Arten wie Ratten genannt.

Unterschätzte Dimensionen

Eine Ergänzung dazu liefert eine neue Studie, die erstmals einen globalen Überblick über den Handel mit Wildtieren gibt. Sowohl dessen Dimensionen wie auch dessen Bedeutung für das Artensterben sind bislang unterschätzt worden, wie das Team um Brett Scheffers (University of Florida) im Fachblatt Science schreibt.

Dass der Handel mit Wildtieren eine Multimilliarden-Dollar-Industrie ist, war bereits bekannt. Doch konkrete Zahlen dazu fehlten bis jetzt, die nun Scheffers und Kollegen endlich liefern: Laut ihren Berechnungen wird aktuell mehr als eine von sechs Wirbeltierarten weltweit gehandelt, insbesondere in tropischen Regionen. Das sind 40 bis 60 Prozent mehr als bisher geschätzt.

27 Prozent der Säugetierarten betroffen

Konkret fand das Forscherteam heraus, dass von den 31.500 terrestrischen Vogel-, Säugetier-, Amphibien- und Reptilienarten aktuell 5.579 Spezies auf Wildtiermärkten verkauft und gekauft werden. Vogel- und Säugetierarten seien dabei im Vergleich zu Reptilien und Amphibien überproportional stark vertreten. Bei den Säugetieren beträgt die entsprechende Rate 27 Prozent, bei den Vögeln 23 Prozent. Entsprechend sind in diesem Bereich auch die Auswirkungen auf die Biodiversität sehr viel höher.

Unterschiedlich sind auch die Gründe für den Tierhandel je Wirbeltierklasse: Während Amphibien und Reptilien vor allem als Haustiere oder für Zoos gehandelt werden, kommt bei Vögeln und Säugetieren noch die Vermarktung als Produkt hinzu. Das heißt, sie werden auch deshalb feilgeboten, weil sie Fleisch, Trophäen oder Ingredienzien etwa für die traditionelle chinesische Medizin liefern.

Ausweitung auf andere Arten

Die Forscher gingen aber noch einen Schritt weiter und errechneten, wie sich aufgrund des Aussterberisikos der gehandelten Arten der Wildtierhandel weiterentwickeln wird. Und diese Berechnungen ergaben, dass es fast 3.200 weitere Spezies gibt, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit den bisher vom Handel betroffenen Arten gefährdet sind.

Unter dem Strich gehen die Forscher davon aus, dass damit knapp 9.000 Wirbeltierarten durch den Tierhandel in ihrer Weiterexistenz gefährdet sind. Ihre daraus abgeleiteten Forderungen sind folglich: besser internationale Abkommen, um genau das zu verhindern. (tasch, 3.10.2019)