Thomas Sattelberger (Vorstand Initiative MINT Deutschland), Monika Kircher (Vorsitzende Frauennetzwerk Industriellenvereinigung, Aufsichtsrätin), Barbara Lutz (Frauen-Karriere-Index), Andreas Matthä (Vorstandschef ÖBB) und Stefan Kreppel, Innovationsmanager bei Palfinger. Karin Bauer hat moderiert.

Foto: Regine Hendrich

Mit dem Anderen hat Österreich Probleme. Auch noch in Unternehmen, auch noch in deren Führungsetagen – Stichwort Frauen im Chefsessel. Cevapcici oder Bulgur in der Kantine geht, ansonsten punktet vor allem in Konzernen allerdings die vermeintliche Verlässlichkeit einer bestimmten Uni, eines Milieus, eines Familiennamens, einer sexuellen Orientierung, eines Erfahrungshintergrunds oder eines Sprachcodes. Man fühlt sich wohl, einem ähnlichen Gegenüber ins Gesicht zu blicken.

"Schmidt rekrutiert gern Schmidtchen" nennt dieses Phänomen, das in der Forschung Mini-me-Syndrom heißt, Thomas Sattelberger. Er hatte als Erster im Vorstand der Deutschen Telekom eine freiwillige Frauenquote eingeführt, tourt jetzt, zu mehr Vielfalt aufrufend, gegen die "Herrschaft der Klone" zwecks Überlebens der Industrie durch die Lande und sitzt für die deutschen Liberalen im Bundestag. In dieser Woche machte er in der Wiener Industriellenvereinigung samt prominenten Diskutanten den Auftakt zur Woche der "Divörsity".

Kern allen Übels

Sattelberger legte eine Menge dramatischer Charts und Studien vor: Österreich ist zuletzt im globalen Wettbewerbsranking zur Innovationsstärke auf Platz 19 gefallen. Der Mittelstand wird rapide innovationsärmer. Die OECD warnt vor einer wachsenden digitalen Kluft. Mehr Wissenschafter verlassen das Land, als hereingeholt werden können. Eine "Flucht von Hirn und Herz" nennt er das.

Er führte all das auf mangelnde Diversität zurück und legte allerlei Studien und Korrelationsberechnungen und Wirtschaftstheorien vor. Etwa jene zu den globalen Pleitenursachen, die sich auf Kloning der Führungstypen und immer schnelleres Rennen ums Immergleiche bei Vernachlässigung des Innovationsterritoriums (bekanntestes Beispiel: Kodak) zurückführen lassen. Homosoziale Reproduktion ist für Sattelberger ein Kern allen Übels in Sachen Niedergang, Abgehängtwerden und Zerfall.

Frauen in Führung

Wer sich in Ähnlichkeit statt divers organisiere, sehe eben nur Ähnliches und komme nur zu ähnlichen Lösungen. Noch immer, erinnert Sattelberger, seien die Heldengeschichten der Wirtschaft männliche Narrative.

Verschiedene Erfahrungshintergründe, Gendermix, Nationalitätenmix und unterschiedliche Karrierewege sind, allen Studien und Forschungen zufolge, der beste Garant für Innovation, sagt er. Allein zum Genderthema: Ab 20 Prozent Frauen in Führung machen Unternehmen den meisten Umsatz aus Innovation. Mehr Frauen oben seien zwar keine Garantie, aber ein starker Ermöglicher für Innovation. Alter erscheint dabei als unwichtig für die gewünschte Innovation, wobei es bei Sattelberger nicht um soziale Dimensionen ging. Und er appelliert: "Wir müssen uns schnell auf die Socken machen." (Karin Bauer, 8.10.2019)