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Microsoft-Chef Satya Nadella macht möglich, was früher bei dem Unternehmen undenkbar war: ein Gerät, das mit dem Betriebssystem und den Services eines Konkurrenten läuft.

Foto: Mark Lennihan / AP

Lange war Windows das Kronjuwel schlechthin für Microsoft. Alle Entwicklungen drehten sich um das eigene Betriebssystem – egal ob das Sinn ergab oder nicht. Nun scheint diese Phase aber endgültig abgeschlossen, und sie endet mit einer angesichts der vergangenen Jahre durchaus logischen Erkenntnis.

Ende einer Ära

"Das Betriebssystem ist für uns nicht mehr die wichtigste Ebene", betont Microsoft-Chef Satya Nadella in einem Gespräch mit "Wired". Stattdessen gehe es nun um das App-Modell und die Nutzererfahrung – ob darunter dann Windows oder ein andere System läuft, sei nur mehr zweitrangig.

Diese Erkenntnis manifestiert sich bereits in den aktuellen Neuvorstellungen des Unternehmens: So hat Microsoft am Mittwoch erstmals ein eigenes Smartphone mit Android präsentiert – also dem Betriebssystem von Konkurrent Google. Dabei übernimmt man nicht nur den öffentlich verfügbaren Code von Android, auch der Play Store und all die zentralen Google-Apps sollen auf dem Surface Duo vorinstalliert werden. Wer ein erfolgreiches mobiles Gerät herstellen will, komme um Android nicht herum – und auch nicht um das App-Angebot bei Google, formuliert es Microsofts Hardware-Chef Panos Panay im Interview mit "The Verge" unmissverständlich.

Analyse

Dieses Umdenken kommt bei Microsoft natürlich nicht ganz freiwillig. Es ist eine direkte Konsequenz der Realität, dass das Unternehmen den Wettlauf um mobile Betriebssysteme verloren hat. Natürlich wäre es Microsoft lieber, wenn man die gesamte Kette von Betriebssystem bis zu Apps kontrollieren könnte, diese Option stellt sich aber schlicht nicht mehr. Stattdessen setzt man nun auf den "Microsoft Graph": Dabei handelt es sich um eine Sammlung aus Programmierschnittstellen, mit denen Entwickler ihre Erzeugnisse an Microsoft-Dienste wie Office 365 oder Azure anbinden können. Und natürlich auf die eigenen Apps, die Microsoft auf möglichst vielen Geräten unterbringen will – etwa durch Deals mit großen Smartphone-Herstellern wie Samsung.

Die aktuellen Aussagen sind der Höhepunkt einer Entwicklung, die mit dem Start der Ära Nadella bei Microsoft begonnen hat. Seither hat sich das Unternehmen immer mehr vom Fokus auf Windows verabschiedet. So hatte Microsoft lange versucht, das mobile Windows durch einen bevorzugten Support für eigene Apps wie Office zu befördern. In Wirklichkeit hatte man damit aber der Office-Abteilung geschadet, da sich die Nutzer unter Android und iOS zunehmend nach Alternativen umsahen, anstatt zum mobilen Windows zu wechseln. Nadella brachte die Kehrtwende, die App-Entwicklung fokussierte fortan immer stärker auf die Plattformen der Konkurrenz.

Wechsel

All das bedeutet natürlich nicht, dass Microsoft Windows gleich ganz aufgeben und zur Konkurrenz wechseln will. So betont etwa Panay, dass man das eigene Betriebssystem weiter für die bessere Wahl für alle Geräteklassen jenseits von Smartphones halte. Trotzdem zeigen die aktuellen Entwicklungen und Aussagen gut, dass sich Microsoft nicht mehr durch eine übertriebene Fixierung auf Windows in seinen Plänen behindern lassen will. (Andreas Proschofsky, 4.10.2019)