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Das Thema Klimaschutz sei in der Branche bereits angekommen, sagen Experten. Oft fehlen aber noch wirtschaftlich vertretbare Lösungen.

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Der undankbare siebente Platz ist es geworden. An dieser Stelle steht der Klimaschutz auf der Prioritätenliste der Immobilienbranche. Zumindest laut Stimmungsbarometer im Vorfeld der Immobilienmesse Expo Real in München. Mehr als 1800 Messeteilnehmer aus dem Vorjahr wurden gefragt, welche Themen die Branche beschäftigen. Nur 37 Prozent halten das Klima für einen Einflussfaktor. Kein Wunder, würden Kritiker sagen, lässt sich doch mit Nachhaltigkeit kaum schnelle Rendite machen. Doch ist die Branche tatsächlich so rücksichtslos?

Von einem Systemproblem, aufgrund dessen Investoren nicht lebenszyklusorientiert denken können, spricht Bernhard Herzog von der IG Lebenszyklus Bau: "Denn sie bauen Häuser, die sie so schnell wie möglich verkaufen wollen. Daher interessiert sie nicht, ob die Immobilie später wenig Energie verbraucht. Dann sind sie schon längst weg."

Bindung an das Gebäude

Anders ist die Situation bei Langfristinvestoren wie etwa Pensionskassen, sagt Peter Engert, Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft. Hier werde bereits langfristig gedacht und kaum eine große Immobilie mehr ohne Nachhaltigkeitszertifikat gebaut.

Auch ob Häuser später umgenutzt werden, etwa ob aus einem Bürohaus Wohnungen werden können, spiele hier eine Rolle. "Wenn Unternehmen für sich selbst bauen, für ihre Mitarbeiter, es eine Bindung zum Gebäude gibt und gewisse Werte, wird auf Nachhaltigkeit geschaut", bestätigt Herzog.

Immerhin, laut Konferenzprogramm wird auf der Expo auch über eine Klimasteuer auf Immobilien diskutiert werden. Also über eine Abgabe, die klimaschädliches Bauen verteuern würde. Oder mangelnde Wiederverwertung. So weiß Engert, dass etwa Produktionshallen mit wenig Aufwand zweitverwertet, also an einem anderen Standort wiederaufgebaut werden könnten. "Wenn diese Wiedernutzbarkeit nicht erreicht wird, gibt es Strafen", schlägt er vor. Auch Herzog ist dafür. Es ergebe Sinn, Baustoffe wie Zement mit einem hohen CO2-Ausstoß bei der Produktion oder Sand, der langsam zur Mangelware wird, teurer zu machen.

Kaum Vorgaben

Apropos: Vor allem die Baustoffe stehen einer klimafreundlichen Bauweise noch im Weg. Im Gegensatz zur Energieeffizienz von Gebäuden an sich, bei denen laut Bauordnungen bereits strenge Regeln einzuhalten sind, gibt es bei den Baustoffen kaum rechtliche Vorgaben. "Im Betrieb haben Gebäude oft keine Emissionen mehr, die Baustoffe allerdings sehr wohl, vor allem Beton und Stahl, die die große Masse ausmachen", sagt Herzog.

Was nicht heißt, dass komplett auf diese Baustoffe verzichtet werden muss. Wird ein Haus für 200 Jahre gebaut, sei vernachlässigbar, "wie fürchterlich Beton in der Produktion ist", sagt Engert.

Heute allerdings werde oft für einen viel zu kurzen Zeitraum gebaut. Nach 30 Jahren müsse oft schon wieder generalsaniert werden. "Und es braucht dafür wieder wertvolle Ressourcen. Wir bauen schlecht für eine kurze Nutzungszeit", kritisiert Herzog. Konkrete Maßnahmen macht die Architektur möglich, etwa vermehrte Begrünung, dicke Wände, die Energie speichern, richtige Beschattung und erneuerbare Energiequellen, die beim Bau schon mitgedacht werden, nennt Engert als Beispiele.

Zudem müsse für mehrere Nutzungen gebaut werden, wie es die Gründerzeithäuser vormachen, in denen Wohnen, Büros und Gewerbe untergebracht werden können. "Wohn- und Bürobauten sind heute Mononutzungen, das verhindert einen gewissen Lebenszyklus", sagt Herzog. Wie Unternehmensstrukturen und Familienverhältnisse müssten sich auch Immobilien verändern.

Im Betrieb sparen

Als Thema sei der Klimawandel in der Branche schon angekommen, mögliche Lösungen allerdings noch nicht, sagt Engert. Zudem gebe es viele Unklarheiten, etwa welche Materialien noch guten Gewissens eingesetzt werden dürfen. "Viele fragen sich: Müssen wir nun so bauen, dass in 50 Jahren recycelt werden kann, oder soll das Gebäude länger halten?"

Jedenfalls müsse es auch finanzielle Anreize geben. Vor allem bei den für den Klimaschutz so wichtigen Sanierungen. Diese würden zwar den Mietern zugutekommen, weil sie danach weniger Energie- und Betriebskosten zahlen müssen, für die Eigentümer gebe es aber keinen wirtschaftlichen Vorteil, kritisiert Engert.

Teurer ist klimafreundliches Bauen allerdings nicht per se. Die ewige Frage rund um die Kosten stehe dem Klimaschutz nicht im Weg, ist Herzog überzeugt: "Wer lebenszyklisch denkt, muss am Anfang etwas mehr investieren, spart dafür aber später im Betrieb." Doch dafür brauche es Mut. (Bernadette Redl, 4.10.2019)