Frankreich fürchtet, dass sein Wein in den USA zu teuer wird.

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Berlin/Mailand/Washington – Nach der Ankündigung von US-Sonderzöllen auf EU-Importe zeigen sich beide Seiten zu Gesprächen über den Handelsstreit bereit. US-Außenminister Mike Pompeo beharrte zwar in einem am Freitag veröffentlichten Interview auf den Abgaben, plädierte aber auch für Gespräche mit der EU.

In Berlin verwies Regierungssprecher Steffen Seibert auf die Bereitschaft der Europäischen Union zu einer fairen Lösung. Allerdings ist die EU nach Angaben von Deutschlands Außenminister Heiko Maas im Konfliktfall auch zu Gegenmaßnahmen bereit. Auf beiden Seiten des Atlantiks warnten Wirtschaftsverbände vor Einbußen, sollte der Handelsstreit eskalieren.

Grünes Licht von der WTO

Die USA hatten am Mittwoch Strafzölle auf Flugzeuge und andere EU-Importe wie Wein und Käse angekündigt. Sie hatten dafür grünes Licht von der Welthandelsorganisation WTO erhalten. Geplant ist, die Abgaben am 18. Oktober in Kraft zu setzen. Anlass ist der seit 15 Jahren vor der WTO ausgetragene Streit über staatliche Hilfen für Airbus wie auch für den amerikanischen Konkurrenten Boeing.

"Wir werden auf jeden Fall mit der EU reden", sagte Pompeo in einem auf der Internetseite der italienischen Zeitung "La Stampa" veröffentlichten Video-Interview. Es habe sich aber "definitiv um ein unfaires Handelsverhältnis gehandelt". In Gesprächen mit der EU würden sich die USA für jedes Land um eine passende Herangehensweise bemühen, sagte Pompeo.

Gegenzölle erwartet

Der deutsche Regierungssprecher Seibert verwies auf EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die wiederholt die Bereitschaft erklärt habe, "über eine faire Lösung zu verhandeln". Maas zeigte sich zwar auch verhandlungsbereit, rechnet aber trotzdem mit Gegenzöllen auf amerikanische Produkte. "Die EU wird nun (...) wohl ihrerseits Strafzölle erheben", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der CDU-Wirtschaftsrat sprach von einer neuen Eskalationsstufe durch die WTO-Entscheidung zu Airbus. "Ganz besonders Deutschland würden neue Zölle mit geschätzten Exportverlusten von zwei Milliarden Euro am härtesten treffen", sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger dem "Handelsblatt". Der Zollkonflikt dürfe sich nicht auf immer mehr Produkte und Dienstleistungen ausdehne. Die EU müsse daher in den Verhandlungen zu Zugeständnissen bereit sein und sowohl Kooperationswillen als auch eine klare Haltung für fairen und freien Handel zeigen.

Arbeitsplätze gefährdet

In den USA warnte der Branchenverband Specialty Food Association, durch die Zölle auf europäische Lebensmittel stünden amerikanische Arbeitsplätze bei den 14.000 Fachhändlern und 20.000 weiteren Lebensmittel-Einzelhändlern auf dem Spiel. Die Auswirkungen seien "dramatisch". Höhere Preise "werden die Amerikaner in der Brieftasche treffen, gerade wo die Weihnachtszeit näher rückt".

In den Niederlanden teilte das Handelsministerium mit, rund die Hälfte der Käse-Exporte wären von den Zöllen betroffen. Das Land lieferte voriges Jahr wird Käse im Wert von rund 80 Millionen Euro in die USA. In Frankreich erklärte der Verband der Wein-Exporteure, durch die Zölle würden sich die Preise zwischen fünf Dollar und zehn Dollar verteuern. Im vergangenen Jahr hatten die französischen Winzer Wein im Wert von einer Milliarde Dollar (910 Millionen Euro) in die USA exportiert.

Italien will Ausgleich von Brüssel

Italien will von Brüssel einen Ausgleich für die Produkte verlangen, die wegen den US-Strafzöllen Exportrückgänge erleiden werden. Dies betonte der italienische Europaminister Enzo Amendola am Freitag. "Wir stehen vor einem Szenario, über das wir Europäer gemeinsam nachdenken müssen. Mit Zollkriegen wächst keine Wirtschaft", warnte Amendola. Befreundete Länder wie die USA und die EU-Mitgliedstaaten sollten keinen Zollkrieg führen, bemängelte Amendola. Italien befürchtet durch die Strafzölle negative Auswirkungen vor allem auf die Industrie und die Lebensmittelproduktion, die stark in Richtung USA exportiert. (APA, 4.10.2019)