Eine Firma aus Ghana will Frankreich Bäume verkaufen, um den abgebrannten Dachstuhl der Notre-Dame wiederaufzubauen.

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Umweltschützer kritisieren das Vorhaben.

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Das Wahrzeichen europäischer Zivilisation, die Notre-Dame-Kathedrale in Paris, kann für ihre Wiederherstellung ausgerechnet auf Rettung aus Afrika hoffen. Weil in Frankreich nicht mehr genügend alte Eichen zu finden sind, deren Holz zur Restauration des im April verbrannten Dachstuhls herangezogen werden könnte, hat ein Unternehmen in Ghana jetzt seine Hilfe angeboten.

Die Firma Kete Krachi Timber Recovery verfügt über eine Lizenz zur Nutzung der Bäume, die nach dem Bau des Akosombo-Damms vor 54 Jahren vom Volta-See überflutet wurden: Ihre im Wasser konservierten Stämme befinden sich bereits im Prozess der Versteinerung und sind härter als jedes andere Holz der Welt. Das Unternehmen könne genug Material zur Wiederherstellung des Dachstuhls der alten Dame inklusive ihres ebenfalls verbrannten Dachreiters zur Verfügung stellen, sagte Firmenchef Kete Krachi der BBC: Mit einer Dichte von bis zu 900 Kilogramm pro Kubikmeter entsprächen die Unterwasserbäume den beim Bau der Pariser Kathedrale benutzten Mooreichen.

Stabiles Holz

Die Fachwelt reagiert begeistert. "Eine geniale Lösung", kommentiert Andrew Waugh, Direktor eines Londoner Architekturbüros für nachhaltiges Bauen.

Die beim Aufstauen des Volta-Sees überschwemmten Iroko-Bäume verfügten über "unglaublich stabiles und dauerhaftes Holz". Beim 1163 begonnenen und fast 200 Jahre andauernden Bau der Kathedrale waren vor allem für den Dachstuhl der Kirche mehr als 1.300 Bäume, in der Mehrheit besonders harte Mooreichen, gefällt worden: Heute wären in ganz Frankreich nicht mehr so viele ausgewachsene Eichen zu finden – abgesehen davon, dass sie nicht gefällt werden dürften.

Kritik von Umweltschützern

Allerdings rief auch das Hilfsangebot der ghanaischen Firma, die sich davon einen Umsatz von 50 Millionen US-Dollar erhofft, bereits Umweltschützer auf den Plan. Einem Bericht im US-Magazin "Environmental Health Perspectives" zufolge werde das Herausziehen der abgestorbenen Bäume Ablagerungen aufwirbeln, die zur Eintrübung des Lichteinfalls und zu vermindertem Wachstum der Wasserpflanzen führten. Zudem dienten die Stämme Fischen als Brutstätten, fügt die ghanaische NGO Friends of the Nation hinzu: Ihre Entfernung könne den Fischreichtum "drastisch vermindern". Der Volta-See dient rund 300.000 Fischerfamilien als Lebensgrundlage.

Bevor sich Ökologen, Restauratoren und Unternehmen zu sehr in die Haare geraten, sollten sie sich ans französische Kulturministerium wenden. Dort steht noch nicht einmal fest, ob der Dachstuhl mit Holz wiederhergestellt wird. "Zur Zeit kümmern wir uns noch um die statische Sicherung des Monuments", sagte ein Ministeriumssprecher der BBC: "Erst dann werden wir entscheiden, wie das Dach restauriert wird." (Johannes Dieterich, 7.10.2019)