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In China wird Gesichtserkennung offensiv eingesetzt. In anderen Ländern ist man zwar etwas zurückhaltender, aber auch in Europa sind entsprechende Technologien derzeit auf dem Vormarsch.

Foto: Mark Schiefelbein / AP

In kaum einem anderen europäischen Land sind Überwachungskameras im öffentlichen Raum dermaßen präsent wie in Großbritannien. Das liegt nicht zuletzt an den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die dem Betrieb solcher Kameras kaum Beschränkungen auferlegen und gleichzeitig eine enge Kooperation von Privatpersonen mit den Behörden fördern. Und mit dem technologischen Fortschritt ergeben sich hier nun neue Möglichkeiten. Möglichkeiten, die aber direkt in einen weiteren Ausbau des Überwachungsstaats führen, wie Kritiker warnen – und die auch in anderen Ländern zunehmend zur Diskussion stehen.

Facewatch

In Großbritannien gibt es derzeit einen Aufschwung an privaten Sicherheitsfirmen, die auf Gesichtserkennung zur Verbrechensbekämpfung setzen. In einem aktuellen Bericht geht der Guardian dabei auf die Firma Facewatch näher ein. Gründer des Unternehmens ist ein sechzigjähriger Barbesitzer namens Simon Gordon, der zunächst – wie viele andere auch – einfach nur Kameras vor seinem Lokal montiert hat, um Straftaten dokumentieren zu können. Vor zwei Jahren begann er sich dann für Gesichtserkennungssoftware zu interessieren, um aktiver gegen unerwünschte Personen vorzugehen. Mithilfe dieser Software erstellte er eine Art "Watchlist für Verbrecher", wie er es nennt. Kommt eine der darauf enthalten Personen in die Nähe, wird Gordon auf seinem Smartphone informiert und kann dann entweder die Person vertreiben oder die Polizei rufen.

Seine Entwicklung zog schnell das Interesse anderer Geschäftsinhaber auf sich, also entschloss sich Gordon dazu eine eigene Firma zu gründen – Facewatch. Das Geschäft mit der Überwachungssoftware boomt seither, und sorgt so auch dafür, dass das Datenmaterial wächst: Mittlerweile würden fünfzehn "bekannte Händler" auf die Software von Facewatch setzen, prahlt das Unternehmen. Dabei teilen sie sich eine in der Cloud gespeichert Datenbank, die von allen Beteiligten laufend um frische Aufnahmen von Verdächtigen erweitert wird.

Simple Logik

Datenschutzbedenken will der aktuelle CEO von Facewatch, Nick Fisher, dabei nicht gelten lassen. Wer nicht verdächtig sei, von dem würde das System auch keinerlei Daten speichern. Insofern sei es auch gar nicht möglich mit solch einer Software die Bewegungen von einem breiten Teil der Bevölkerung nachzuvollziehen. Ein Szenario, vor dem Datenschützer immer wieder warnen, das Fisher aber für komplett überzogen hält.

Kritik

Die andere Seite des Spektrums vertritt Silkie Carlo, Direktorin von Big Brother Watch: "Die Durchführung von biometrischen Überprüfungen an Millionen Menschen, nur um eine Handvoll von Verdächtigen zu fangen, ist beispiellos". Es gebe dafür keinerlei rechtliche Basis, solche Methoden würden direkt in eine massive Ausweitung des Überwachungsstaates führen.

International wird das Thema derzeit ebenfalls kontrovers diskutiert. Die Bandbreitet reicht dabei von China, wo die Regierung riesige Kameras samt Gesichtserkennung einsetzt, um eine weitreichend Überwachung des öffentlichen Raums durchzusetzen bis zu Städten wie San Francisco, wo der Einsatz von Gesichtserkennung für Behörden vor kurzem generell verboten wurde. In Österreich zeigt man sich von den Warnungen der Kritik hingegen weniger beeindruckt, hier will die Polizei schon bald mit dem Einsatz entsprechender Technologien beginnen.

Das Geschäft läuft

Fisher hält es jedenfalls für ungerecht, wenn seine kleine Firma mit Überwachungsstaaten wie China verglichen wird. Gleichzeitig erzählt er gerne darüber, wie gut das eigene Geschäft läuft. So soll Facewatch schon bald bei einer großen Supermarktkette zum Einsatz kommen. Und auch an die brasilianische Polizei habe man die eigene Software gerade verkauft. (red, 7.10.2019)