"Focus 1" wird auf der Stirn getragen und soll die Aktivität des Gehirns messen. Eine Weiterentwicklung des Geräts wurde vergangenes Jahr auf der CES vorgestellt.

Foto: imago/ZUMA Press/Gene Blevins

"Rot steht für sehr tiefe Konzentration. Weiß heißt, du bist offline", erzählt der Schüler. Er und seine Klassenkameraden tragen futuristische anmutende Stirnbänder auf den Köpfen. Die kleine LED-Lampe in der Mitte des Geräts ändert je nach Konzentrationsstufe die Farbe. Alle zehn Minuten werden die Daten, die das Band misst, an den Computer des Lehrers übertragen.

Die Szene wirkt wie aus einer Folge der dystopischen Serie "Black Mirror", wurde aber in einer chinesischen Grundschule aufgenommen. Das Gerät, das die Schüler tragen, wird "Focus 1" genannt. Es wird von Brain Co Inc., einem Start-up-Unternehmen mit Sitz in Boston hergestellt. Das Unternehmen arbeitete in der Entwicklung des Stirnbands mit dem Harvard Center of Brain Science zusammen. Rund 10.000 chinesische Schüler im Alter zwischen zehn und 17 Jahren nehmen derzeit an den Experimenten mit "Focus Edu", wie Focus 1 in den Schulen genannt wird, teil. Außerdem gebe es weitere Kooperationen in Schulen in den USA, Mexiko, Spanien und Brasilien, sagt Brain Co.

Focus 1 setzt auf die Technologie der Elektroenzephalografie (EEG), um die Hirnströme der Träger zu messen. Es handelt sich dabei zum eine standardmäßige Untersuchungsmethode in der medizinischen Diagnostik und der neurologischen Forschung. Gemessen wird dabei die elektrische Aktivität des Gehirns durch Aufzeichnung der Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche.

Das Werbevideo des Unternehmens Brain Co.
BrainCo

Diese Messungen sollen den Konzentrationsgrad der Schüler live an den Lehrer übertragen und ihm es so ermöglichen, seinen Unterricht anzupassen. Das Werbevideo des Unternehmens Brain Co zeigt, dass Lehrer die Aufmerksamkeit der Schüler über ein Dashboard überwachen können und jederzeit wissen, welcher Schüler gerade aufmerksam liest oder welcher abgelenkt ist.

Das "Wall Street Journal" hat auch mit Schülern, die an dem Experiment teilnehmen, gesprochen.

Brain Co preist seine Entwicklung als "sehr hilfreich bei der Entwicklung neuer Lernmethoden" an. Eine Videoreportage des "Wall Street Journal" zeigt allerdings, dass sich einige Schüler überwacht und kontrolliert fühlen. Die Eltern, die dem Einsatz von Focus 1 zugestimmt haben, können außerdem mithilfe einer App ebenfalls auf die Daten des Stirnbands zurückgreifen. Ein Schüler berichtet, dass er für seine schwache Konzentrationsleistung zu Hause bestraft wurde.

Eine Weiterentwicklung von Focus 1 soll auch so etwas wie Gedankensteuerung ermöglichen. Auf der Fachmesse für Unterhaltungselektronik CES 2018 zeigte Brain Co eine Hand, die durch Gehirnströme gesteuert wird. (os, 7.10.2019)