Wolfgang Muthspiel – kleine Stücke ganz groß!

Konzerthaus

Schwer zu sagen, ob die Zeit der jazzigen Großformationen wieder angebrochen ist. Angesichts schmaler Budgets, die Veranstalter plagen, eher nicht. Antizyklisch sind jedoch – unabhängig voneinander – die Brüder Muthspiel unterwegs. Christian hat beim Jazzfestival in Saalfelden sein opulentes Orjazztra präsentiert.

Und im Konzerthaus agiert Gitarrist Wolfgang improvisierend in großbesetzter Umgebung: Sein Large Ensemble umgarnt den Solisten nicht nur mit kultiviertem Bläsersatz. Auch Streichquartett und Bass/Klavier/Schlagzeug-Trio bringen reichlich Klangfarbe ein. Punktuell schwingen sich die Arrangements von Dirigent Guillermo Klein zu komplex-dynamischen Strukturen auf, welche die Möglichkeiten der üppigen Formation gründlich auskosten.

Die Kontrapunkte

Das Paradoxe dieser Großbesetzung ist allerdings, dass sie dort am sinnvollsten tönt, wo sie sich aufspaltet: Die Verbindung Gitarre/Streichquartett entfaltet besondere Aura. Auch wenn Streicher und Bläser schweigen und das klassische Jazztrio (Bass/Drums/Klavier) mit einem Improvisator "parliert", entsteht Dichte. Agiert allerdings die volle Besetzung, werden die an sich überreichen kontrapunktischen Möglichkeiten eines solchen Orchesters mitunter wenig ausgereizt, was die Band in Teilen etwas konventionell erscheinen lässt.

Toller Gast

Muthspiel ist in diesem "Milieu" der vielseitige Spontane, der akkordisch delikate Ideenwendungen einbringt oder mit seiner linearen Kunst die Schönheit der Abstraktion zelebriert. Er wirkt immer am Punkt, frei von Beliebigkeit und kommunikativ an den Vorgängen um ihn herum interessiert. Kommt ein neuer Individualist der internationalen Szene hinzu, also Trompeter Ambrose Akinmusire, wird es zusätzlich prickend. Subjektiv pendelt er zwischen lyrischem Spiel und erdiger Tongebung, die sich auch bewusst gegen die Stimmung der Band stellt und packende Kontraste liefert. Kompliment. (Ljubisa Tosic,7.10. 2019)