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"Jugendliche kommunizieren mit Influencern wie mit besten Freundinnen und suchen Rat, wie auch sie so perfekt werden können", sagt eine deutsche Forscherin.

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Auf Youtube und Instagram geht es um das schöne Leben: Reisen, Make-up, Sport. Vor allem Jugendliche sind in den sozialen Netzwerken unterwegs und folgen dort Nutzern, die schnell zu Vorbildern werden – so genannte Influencer. Wie sich das auf die körperliche und seelische Gesundheit der jungen Menschen auswirkt, haben Forscherinnen der Uni Witten/Herdecke im deutschen Ruhrgebiet untersucht.

Insgesamt 1000 Bilder von Deutschlands Top-50 Fitness-Influencern und Kommunikationsstränge mit bis zu 2.000 Kommentaren wurden analysiert. Die Ergebnisse sind eindeutig: Fitness-Influencer vermitteln Ernährung und Bewegung als Stellschrauben für die Perfektionierung des eigenen Körpers.

Auf mehr als der Hälfte der untersuchten Bilder war ein muskulöser nackter Bauch zu erkennen. Sichtbare Muskulatur und ein geringer Anteil an Körperfett sind Ideale des aktuellen Körperkults, der Schönheit nur durch aktive Formung des eigenen Äußeren erlaubt, so die Forscherinnen. Und weiter: Durch Kontrolle erschaffene, gestaltete Körper folgen einem unrealistischen Schönheitsideal. Sie werden aber als Signale für Gesundheit und Selbstbestimmung umkodiert und als Indikator für Kontrolle, Leistung und Macht angesehen.

Perfekt werden

"Jugendliche kommunizieren mit Influencern über das Internet wie mit besten Freundinnen, sie klagen über ihre Figur, kommentieren umfangreich das Aussehen, die Kleidung, das Essen ihrer Idole, und sie suchen Rat, wie auch sie so perfekt werden können", sagt Katharina Pilgrim von der Uni Witten/Herdecke. "Dass die dargestellten Fotos aufwändig in Szene gesetzt und umfangreich bearbeitet sind, ist ihnen oft nicht bewusst."

Dass ist insofern problematisch, als dass die Zahl von Minderjährigen mit Essstörungen von Magersucht bis Übergewicht anhaltend groß ist. Zahlen aus Deutschland zeigen: 20 Prozent sind unzufrieden mit Figur und Gewicht oder leiden an Heißhungeranfällen, jede sechste Person zwischen 14 und 17 leidet an Übergewicht. Hinzu kommt, dass 12- bis 17-Jährige täglich bis zu drei Stunden in sozialen Netzwerken verbringen. Über ein Drittel der Jugendlichen steuert dabei gezielt die Seiten sogenannter Influencer an.

Es sei wichtig, die Art und Weise, wie Jugendliche in sozialen Medien kommunizieren sowie die Hintergründe zu verstehen, um bei der Planung gesundheitsfördernder Maßnahmen nicht an der Lebensrealität der Jugendlichen vorbei zu planen, sagt Sabine Bohnet-Joschko vom Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen: "Jugendliche bewegen sich täglich mehrere Stunden in sozialen Netzwerken, dort informieren sie sich auch über gesundheitsrelevante Themen wie Ernährung und Bewegung."

Gesundheit als Verkaufsschlager

Ihren Lebensunterhalt oder zumindest Teile davon, verdienen Influencer über den Verkauf von Produkten, die sie auf ihren Bildern präsentieren. Jugendliche gewinnen den Eindruck, dass die von ihren Idolen genutzten Produkte einen etwas einfacheren Weg zum angestrebten Äußeren bieten, so Pilgrim. Insgesamt wurde in der Untersuchung auf zwei von drei Bildern ein Hersteller, ein Produkt, eine Marke oder ein Unternehmen eingebunden, wobei nur die Hälfte als Werbung gekennzeichnet war.

"Konsum, Schönheit und Glück werden in einen direkten Zusammenhang gestellt", sagt Bohnet-Joschko. Die Forscherinnen stellten außerdem fest, dass auf fast der Hälfte der Bilder Nahrungsergänzungsmittel in Pulver- oder Pillenform abgebildet waren.

"Fitness-Influencer prägen Jugendliche heute maßgeblich in ihren gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen. Dabei betreiben diese keine Gesundheitsförderung, sondern wollen Geld verdienen. Es besteht also ein deutlicher Bedarf, Jugendliche in ihrer psychischen und physischen Entwicklung zu schützen und zu begleiten", so das Fazit von Pilgrim. Die Ergebnisse der Studie wurden im Springer Fachmagazin BMC Public Health veröffentlicht. (red, 8.10.2019)