Ziel voraus: Die Wurzen-Jagdhütte mit der Reißkofel-Südflanke

Foto: Uwe Grinzinger

Bonusgipfel: Ein kurzer Abstecher führt auf den Kleinen Reißkofel (rechts oben)

Foto: Uwe Grinzinger

Luftig: Der Schlussanstieg verläuft über den Ostgrat (nach rechts)

Foto: Uwe Grinzinger

Aufgespießt: Der Dobratsch-Gipfelsender bohrt sich in eine Wolke

Foto: Uwe Grinzinger

Ausnahmeerscheinung: Nur kurz helfen beim Hochfleck-Aufstieg Drahtseile weiter

Foto: Uwe Grinzinger

Auch nicht ohne: Der Abstiegsweg ist etwas einfacher, aber dennoch nicht zu unterschätzen

Foto: Uwe Grinzinger

Nachmittagsansitz mit Eigenbau-Käse und Südalpenblick: die Jochalm

Foto: Uwe Grinzinger

Rückblende: Die Alpenfaltung ist in vollem Gange, Afrika drückt gegen Europa. Kalkschichten schieben sich nach Norden über den Alpenhauptkamm. Jenseits werden sie zu liegen kommen und die Nördlichen Kalkalpen bilden. Manchen Kalkpaketen geht jedoch schon zuvor die Puste aus: Wie überdimensionale Gesteinsbrösel bleiben sie auf dem Weg nach Norden hängen – so auch der Kärntner Reißkofel in den Gailtaler Alpen.

Diesem imposanten Kalkbrocken liegt das Gailtal zu Füßen – und damit die Knautschzone der Kontinentalplatten. Vereinfacht gesagt treffen sich hier Afrika und Europa. Der Reißkofel nördlich des Gailtals: noch in Europa. Die Karnischen Alpen im Süden: schon in Afrika. Zumindest vom tektonischen Standpunkt her. Da die beiden Kontinentalplatten aneinander vorbeischrammen, ereignen sich ums Gailtal immer wieder Erdbeben. 1348 fiel deswegen ein guter Teil der Reißkofel-Südflanke in sich zusammen.

Zu dieser Südflanke führt heute eine Schotterstraße vom Gailtal herauf. Die verbleibenden 900 Höhenmeter zum Reißkofel-Gipfel absolvieren erfahrene Bergsteiger gerne als Rundtour: zuerst der Direktanstieg über den "Hochfleck" – ein abenteuerlicher Steig, der sich geschickt durch die eindrucksvolle Felsszenerie schwindelt –, der obere Ostgrat leitet schließlich zum Hauptgipfel.

Für den Abstieg dient die weniger steile Route, die dem Reißkofel-Ostgrat länger folgt und über das Köfeletörl zurück zum Aufstiegsweg führt. Sie ist eine Spur einfacher, verlangt jedoch ebenso Felskraxelei, Schwindelfreiheit und einen sicheren Tritt. Trockene und schneefreie Verhältnisse sind auf den steilen Hängen sowieso Pflicht.

Bis Mitte Oktober kann man den Tag auf der Jochalm ausklingen lassen, ungefähr einen Kilometer vom Ausgangspunkt entfernt. Bei Gailtaler Almkäse und einem Ausblick zum Niederknien: vor allem auf die Felsberge im Süden – und damit, geologisch gesehen, zum Kontinent vis-à-vis. So kitschig kann "jenseits von Afrika" sein. (Uwe Grinzinger, 10.10.2019)