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Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson ist mit Millionenklagen konfrontiert. Kläger fordern Schadenersatz.

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Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson ist wegen eines Medikaments, das Männern angeblich die Brüste wachsen lässt, zu milliardenschweren Strafzahlungen verurteilt worden. Eine Geschworenenjury sprach einem Kläger in Philadelphia nun Schadenersatz von acht Milliarden Dollar (7,3 Milliarden Euro) zu, wie US-Medien berichteten.

Dem Unternehmen wird vorgeworfen, Nebenwirkungen des Antipsychotikums Risperdal verschwiegen zu haben. Das Medikament führt angeblich zu unerwünschten Brustvergrößerungen bei männlichen Patienten. Johnson & Johnson bezeichnete das Urteil als "in grober Weise unangemessen" und kündigte an, es anzufechten. Tatsächlich ist es in den USA durchaus üblich, dass solch hohe Schadenersatzurteile in höheren Instanzen revidiert oder stark reduziert werden.

Gegen Angstschübe

Risperdal ist auch in Österreich im Einsatz. Es hilft bei bei Patienten und Patientinnen mit paranoider Schizophrenie, die massiven Angstschübe sowie Suizidgedanken der Betroffenen zu reduzieren. Der Dopamin-Antagonist hat eine Reihe von Nebenwirkungen, "bei jedem Medikament müssen allerdings stets die Vorteile und Nachteile abgewogen werden", sagt Nestor Kapusta, Psychiater an der Med-Uni Wien.

Es ist längst bekannt, dass bei bei einem sehr geringen Teil der Patienten durch Dopamin-Antagonisten wie Risperdal die Brustdrüsen stimuliert werden und dadurch an Größe zunehmen. "Wenn das tatsächlich passieren sollte, dann gibt es alternative Medikamente, auf die man umsteigen kann", sagt Kapusta.

Risperdal generell schlechtzureden sei ganz sicher die falsche Reaktion und würde einen größeren Schaden bei der Versorgung von Betroffenen anrichten. "Jeder Patient reagiert auf Medikamente anders, viele vertragen es gut", so Kapusta. Nebenwirkungen seien in in jedem medizinischen Fach ein wichtiges Thema. Um die richtige Medikation zu finden, sind ein gutes Einvernehmen zwischen Arzt und Patient und die Aufklärung wichtige Voraussetzungen.

Sollte es tatsächlich keine Alternativen zu einem Medikament geben, muss in der Medizin immer abgewogen werden, was problematischer ist – in diesem Fall der neuerliche Ausbruch psychotischer Symptome mit allen Gefahren oder bestehende Nebenwirkungen. Das ist auch eine ethische Frage. In den USA ist die Versorgung psychisch Kranker in vielen Bundesstaaten in den privaten Bereich ausgelagert.

Schadenersatz in den USA

Die rechtliche Situation bezüglich Medikamentenklagen ist in den USA gänzlich anders als in Europa geregelt. Bis Pharmaunternehmen tatsächlich Geld zahlen müssen, gehen Verfahren über viele Instanzen und meistens dauert es Jahre, bis tatsächlich Geld fließt.

So ist auch die Sachlage im vorliegenden Fall ausgesprochen komplex. Eine Jury hatte dem Kläger bereits 2015 eine Entschädigung von 1,75 Milliarden Dollar zugesprochen, die später auf 680.000 Dollar gesenkt wurde. Dabei ging es zunächst aber nur um den regulären Schadenersatz.

Nun hatten die Geschworenen über den sogenannten Strafschadenersatz zu befinden, der im US-Recht als Zusatzsanktion in besonders schweren Fällen verhängt werden kann. Hier kommt es immer wieder vor, dass hohe Strafen später von Richtern als unverhältnismäßig betrachtet und verringert werden. Johnson & Johnson zeigte sich zuversichtlich, dass es in diesem konkreten Fall noch zu einer Wendung kommen könnte. (APA, red, 9.10.2019)