Die vergangenen Jahre waren für Sony in einigen Bereichen sehr erfolgreich, für die Handysparte des Konzerns allerdings hart. Schien man sich mit der Xperia Z-Linie zuerst wieder zurück ins Spiel gebracht zu haben, sorgten eigentümliche Designentscheidungen und andere Defizite dafür, dass man binnen weniger Jahre wieder in der Versenkung verschwand.

Dennoch hält Sony an der Sparte fest. Statt allerdings Samsung und Co. in Sachen Verkaufszahlen vom Thron stoßen zu wollen, sollen die eigenen Flaggschiffe künftig als "Demogeräte" fungieren, die zeigen, welche Technologien aus den anderen Sparten – insbesondere TV und Kameras – sich in ein Mobilgerät stecken lassen. Dazu dient primär das aktuelle Spitzenmodell, Xperia 1, das aufgrund seiner gewagten Maße allerdings in die meisten Hosentaschen nicht mehr hineinpassen dürfte. Wer es kompakter mag, ohne dafür auf Leistung oder relevante Features verzichten zu müssen, hat nun mit dem Xperia 5 eine neue Option. DER STANDARD hat sich das Handy bei seiner Österreich-Premiere angesehen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Schlank und lang

Nominell kommt das farb- und kontraststarke OLED-Display des Xperia 5 auf eine Diagonale von 6,1 Zoll. In Anbetracht der Dimensionen vieler aktueller Spitzenhandys ist das tatsächlich vergleichsweise wenig. Der Wert verrät aber nur die halbe Wahrheit, denn der Bildschirm bietet einen Formfaktor von 21:9. Die Gesamtmaße des Telefons sind mit 158 x 68 x 8,2 Millimeter ausgeschildert.

Damit ist Sonys neuester mobiler Begleiter schmaler als alle anderen Tophandys der aktuellen Generation und unterbietet sogar Smartphones der ehemaligen 5-Zoll-Generation, wie das 69,6 Millimeter breite Galaxy S7. Das schlanke Hüftmaß wird allerdings formatbedingt durch eine beachtliche Länge kompensiert. Besagtes S7 mit seinen dicken Rändern überragt das Xperia 5 um stolze 1,6 Zentimeter. Das gut verarbeitete Gehäuse mit seinen abgerundeten Seitenkanten ist übrigens wasserdicht nach IP68-Standard (bis zu 30 Minuten unter zwei Meter Süßwasser).

Foto: DER STANDARD/Pichler

Sofern man über eine halbwegs tiefe Hosentasche verfügt, ist das Xperia 5 gut einsteckbar. Die geringe Breite erlaubt es auch, das Handy gut in der Hand zu halten. Alle Tasten (Kamera, Ein/Aus, Lautstärke) sowie der seitliche Fingerabdruckscanner sind gut erreichbar. Selbst mit großen Händen nicht zu erwischen ist allerdings das obere Drittel des Displays. Hier kann man sich mit dem integrierten Einhandmodus behelfen.

Wenige Abstriche zum Xperia 1

Im Hands-on kurz getestet wurden die Kamera, das Mobile Game Asphalt 8, sowie eine kurze Sound-Demo mit aktivierter Dolby Atmos-Unterstützung. Allgemein macht das Xperia 5 einen sehr flotten Eindruck, was nicht verwundert, zumal es die meisten Spezifikationen mit dem Xperia 1 teilt, als dessen "Compact"-Version (angelehnt an die Xperia Z compact-Modelle) es gesehen wird. Dem größeren Modell vorbehalten bleiben die höhere Auflösung (3.840 x 1.644 Pixel zu 2.520 x 1.080 Pixel), ein größerer Akku (3.300 mAh zu 3.140 mAh) und die Superzeitlupe-Funktion mit 960 Bildern pro Sekunde.

In Asphalt 8 fielen keine Ruckler oder ungewöhnliche Ladezeiten auf, was angesichts des als "Unterlage" dienenden Snapdragon 855-Prozessors zu erwarten ist. Der CPU stehen 6 GB RAM zur Seite. Der Onboardspeicher kommt auf 128 GB und kann per microSD-Karte erweitert werden, sofern man dafür auf einen der beiden nanoSIM-Slots opfert.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Das Spiel sieht auf dem Display des Xperia 5 sehr ansehnlich aus, das ungewöhnliche Format wird bereits von dem Arcade-Racer unterstützt. Mit dem 21:9-Faktor soll das Handy auch für das Videoentertainment der Zukunft gerüstet sein. Auf Netflix, Amazon und bei Google Play gibt es bereits erste Filme, die auch in diesem Kinoformat ausgeliefert werden.

Auch die Dolby Atmos-Sounddemo klingt durchaus beeindruckend. Allerdings ist hier einschränkend zu sagen, dass die kurze Vorführung freilich auch von der Wiedergabe auf den Bluetooth-Kopfhörern der nicht unbedingt erschwinglichen WHX1000-Reihe von Sony profitierte. Eine 3,5mm-Klinke sucht man übrigens vergebens. Die Stereo-Ausgabe über das Handy selbst profitiert nur unwesentlich von Atmos. Optional kann man das Handy auch zu basslastigeren Teilen der Musik vibrieren lassen, was ein eher belangloses Gimmick darstellt.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Radikale Rauschunterdrückung

Im Vordergrund der Featureparade steht freilich die Kamera. Sony, einst Nachzügler in Sachen Multi-Kameras, hat der Hauptkamera hier gleich drei Sensoren (Ultraweitwinkel, Weitwinkel, Tele) spendiert, die jeweils mit 12 Megapixel arbeiten und einen zweifachen Zoom erlauben.

Neben den üblichen Versprechen hoher Bildqualität will man mit einem "Augen-Autofokus" innovieren, den man von den eigenen Profi-Kameras übernommen hat. Er soll Augen von im Sichtfeld befindlichen Personen erkennen und sie automatisch im Fokus behalten. Die Nachverfolgung klappte während des Hands-ons sehr zuverlässig.

Was bei den Testfotos auffällt ist, dass die Aufnahmen tendenziell etwas dunkler ausfallen, als mit anderen aktuellen Spitzenhandys. Szenen mit verringertem Echtlicht wirken im Gegenzug natürlicher. Allerdings, so eine erste Detailinspektion, dürfte Sony seine Probleme mit dem Postprocessing immer noch nicht bewältigt hat. Im Bemühen, Bildrauschen zu vermeiden, geht der Verbesserungsalgorithmus sehr aggressiv vor. Die Folge: "Glattgebügelte" Texturen und artefaktbehaftete Objektränder, die die auf den Blick ansehnliche Fotoqualität trüben. Wie sich die Kamera unter verschiedenen Lichtbedingungen schlägt, bleibt freilich in einem ausführlichen Test zu erforschen.

Erster Eindruck

Insgesamt wirkt das Xperia 5 beim ersten Ausprobieren wie ein solides Flaggschiff, das auf jeden Fall mit seinem Formfaktor auffällt und eine Alternative für alle ist, die eine hosentaschenkompatible Variante des Xperia 1 haben wollen, ohne große Abstriche bei der Hardware machen zu müssen. Insbesondere die Reduktion der Auflösung dürfte vorteilhaft für die Akkulaufzeit und mit freiem Auge ohnehin nicht zu erkennen sein. (gpi, 19.10.2019)

Testfotos

Foto: STANDARD/Pichler
(mit manueller Fokus-Einstellung)
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