Die "Marktplätze" dienen dem Gemeinschaftsleben der Bewohner.

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Blick in einen der vier großzügigen Höfe des Pflegewohnhauses Rudolfsheim-Fünfhaus.

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Gegen den hohen Bewegungsdrang der Demenzpatienten hat man sich etwas einfallen lassen. Inmitten des sogenannten "Demenzgartens" befindet sich eine kleine Pergola mit einem Straßenbahn-Haltestellenschild der Wiener Linien. Einen Ticketautomaten gibt es auch. Dort bleiben die Patienten jetzt viel länger sitzen als zuvor, als es die fingierte Haltestelle noch nicht gab.

Grundsätzlich ist das Pflegewohnhaus Rudolfsheim-Fünfhaus aber ohnehin so groß, dass man schon einmal 20 Minuten lang im Kreis schlendern kann, ohne eine Stelle zweimal zu passieren. Zwölf Stationen mit insgesamt 328 Zimmern weist der Komplex am Kardinal-Rauscher-Platz auf, vier Höfe sind in die Kubatur eingeschnitten, der Demenzgarten ist einer davon. Offiziell heißen die Höfe "Wachau", "Prater", "Wienerwald" und "Schneeberg".

Die Gesiba hat das Pflegewohnhaus von 2013 bis 2015 errichtet, den Wettbewerb dazu hatte der Krankenanstaltenverbund (KAV) 2011 ausgeschrieben. Vier Jahre zuvor hatte die Stadt Wien ihr neues Geriatriekonzept beschlossen, das den Bau von acht neuen Pflegewohnhäusern beinhaltete.

Haus ohne Gänge

Architekt Bernhard Weinberger (Wimmerundpartner ZT Gmbh) baute mit den Pflegewohnhäusern Leopoldstadt und Rudolfsheim sowohl das erste als auch das letzte Haus dieses Programms. Schon beim Haus in der Leopoldstadt (fertiggestellt 2010) setzte er auf ein "Haus-in-Haus-System", bei dem die Zimmer als einzelne "Häuser" gestaltet sind, um einen spitalsähnlichen Charakter möglichst zu vermeiden.

In Rudolfsheim-Fünfhaus wurde genauso wieder versucht, den Zimmern einen "Einfamilienhaus-Charakter" zu geben. Eine Fläche von mehreren Quadratmetern vor jeder Zimmertür ist als halbprivater Vorgarten angelegt, farblich in Gelb gehalten, und kann von Bewohner bzw. Bewohnerin individuell gestaltet werden. In den Zimmern selbst nimmt dann zwar das obligate Krankenhausbett eine dominierende Stellung ein, bei der Wandgestaltung können die Bewohner (oder ihre Angehörigen) aber ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Architekt Weinberger erinnert sich, dass der KAV schon im Wettbewerb ziemlich genaue Vorgaben gemacht hatte. "Die Bruttogeschoßfläche war fix vorgegeben, ebenso wie ein exaktes Raumprogramm inklusive aller Nebenräume." Er habe dann "versucht, ein Haus ganz ohne Gänge zu bauen". Statt endloser Flure gibt es nun "Marktplätze", auf denen man sich sogleich befindet, wenn man den halböffentlichen gelben Bereich vor dem Zimmer verlässt. Jede Station hat eine solche größere Marktplatzfläche, die gleichzeitig als Stationsstützpunkte fungiert. Hier können sich die Bewohner des Hauses treffen, hier wird geplaudert, gegessen, ferngesehen. Manchmal auch musiziert, eine Nische eines solchen Marktplatzes wurde nämlich als Musikecke gestaltet, es gibt ein Piano.

Ermöglicht wurden die offenen Räume erst durch die eingebaute Sprinkleranlage. Sie machte große, schwere Brandschutztüren unnötig, erklärt der Architekt.

Café und Friseurgeschäft

Die Gesiba investierte in den Bau 72 Millionen Euro, wobei das Zeit- und Kostenkorsett recht eng bemessen war, berichtet Generaldirektor Ewald Kirschner. Das Haus entstand auf dem Gelände des ehemaligen Kaiserin-Elisabeth-Spitals, dieses wurde 2013 abgerissen, im September 2015 wurde das neue Haus an den KAV übergeben, der hier langfristig – für zunächst mehr als 30 Jahre – eingemietet ist. Als Hauptmieter, aber nicht als einziger Mieter der Gesiba in dem Gebäude: Es gibt eine Supermarktfiliale, ein Café, ein Friseurgeschäft und einen Kindergarten in dem Komplex. Letzterer hat einen Gartenbereich in einem der Höfe, sodass die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegewohnhauses den Kindern beim Spielen zusehen können.

Für den Blick nach draußen, zur Stadt hin, gibt es in jedem Zimmer eine Loggia. Somit könne man hier auch "die Jahreszeiten gut miterleben", sagt Direktorin Hildegard Menner. Sie ist glücklich mit der "Buntheit" und "Offenheit" des Hauses. (Martin Putschögl, 9.10.2019)