John Wick Hex
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Es gibt nichts, was schlimmer ist als Filme zu erfolgreichen Spielen – außer Spiele zu erfolgreichen Filmen. Wenn populäre Film-Franchises auch einen Games-Ableger bekommen, seufzen Spieler und Spielerinnen leidgeplagt laut auf. Einigen wenigen akzeptablen Vertretern – "Tron 2.0", "Indiana Jones and the last Crusade", "Goldeneye 007" – stehen Legionen an schlechten, ganz schlechten und besonders schlechten Versuchen gegenüber, mit großen Namen aus dem Kino auch schnell mit einem Spiel Geld zu machen.

Mit "John Wick Hex" (Windows, Mac; 15,99 Euro) kommt nun ein beeindruckender Beweis, dass ein Spiel zum Film nicht nur gut sein, sondern sogar den Blick auf die Filme bereichern kann. Tatsache: Wer "John Wick Hex" spielt, sieht die charakteristisch geradlinigen, hypereffizienten und brachialen Actionsequenzen der Filmreihe mit anderen Augen – keine kleine Leistung.

In der Rolle des titelgebenden Auftragskillers Wick gilt es, sich Mission für Mission einen Weg durch dutzende schwerbewaffnete Gangster zu bahnen. Statt Reflexen und Shooter-Skills sind hier allerdings Taktik und kühle Planung gefragt, denn der überraschend mit dem Franchise betraute Indie-Entwickler Mike Bithell, bekannt vor allem durch sein melancholisch-abstraktes Action-Adventure "Thomas Was Alone", hat aus dem Stoff keinen Shooter, sondern ein Strategiespiel gemacht.

In einer Mischung aus Echtzeit- und Rundenstrategie wird hier methodisch vorgerückt. Jede Aktion hat festgelegte "Zeitkosten" – zwei Sekunden dauert es, einen Verband anzulegen, ein Handkantenschlag braucht 0,5 Sekunden, ein Schuss aus der 9 mm 0,3. Solange geplant wird, steht die Zeit still, in Bewegung führen allerdings auch alle Gegner gleichzeitig mit Wick ihre Aktionen aus.

Zur Hauptressource Zeit kommen Fokus und Gesundheit, und auch die Munition ist knapp – realistischerweise führt etwa ein Nachladen dazu, dass die Kugeln des ausgetauschten Magazins verlorengehen. Die einzelnen Missionen sind in Szenen aufgeteilt, wer sich verletzt und sich ohne Waffe in die nächste Szene rettet, hat dort ein schweres Los. Am Ende jeder Szene lässt sich Wicks blutiger Weg als filmisches Replay noch einmal bewundern; was in der Planung eine halbe Stunde gebraucht hat, läuft dann in einer Minute noch einmal ab.

Good Shepherd Entertainment

Was ist gelungen?

Der strategische Kern des Spiels ist originell, herausfordernd und erstaunlich abwechslungsreich, vor allem in späteren Levels wird das Überleben gegen die feindliche Übermacht zur spannenden Aufgabe für taktische Tüftler. Wer einen Raum voller Gangster möglichst effizient und taktisch clever leergeräumt hat, darf sich tatsächlich wie der Charakter aus den Filmen fühlen.

Auch in Sachen Präsentation ist "John Wick Hex" großteils gelungen: Der minimalistische Cartoon-Stil ist klar lesbar und stylisch, Originalsprecher verleihen dem Spiel ebenso Filmcharakter wie der großartig düstere Soundtrack des Star-Gameskomponisten Austin Wintory ("Journey", "The Banner Saga").

Was ist weniger gelungen?

Vor allem spätere Missionen sind harte Nüsse, in denen man mangels Ressourcen auch hin und wieder in abschließenden Szenen das Handtuch werfen und von vorn beginnen muss. Vor allem in den Replays hätten dem Spiel bessere Animationen ebenso gutgetan wie eine intelligentere Kamera – und in besonders hektischen Kampfsituationen gerät auch das eigentlich gelungene User-Interface manchmal zum schwer lesbaren Wirrwarr.

Fazit

"John Wick Hex" ist bei aller Detailkritik ein beeindruckend gelungenes Spiel zum Film: In seinen besten Momenten choreografiert man darin durch taktisches Geschick atemberaubende Actionsequenzen, die jenen der Filme kaum nachstehen. Damit erfasst es die Essenz der Filme, wie es ein Actionspiel nicht vermocht hätte. Schon aus diesem Grund ist "John Wick Hex" wohl das beste Spiel zu einem Film aller Zeiten – und nicht nur für Fans der Vorlage empfehlenswert. (Rainer Sigl, 12.10.2019)