Im Gastkommentar zeigen Fritz Breuss und Elisabeth Christen vom Wifo auf, dass Handelskonflikte nicht neu sind: Unter US-Präsident Donald Trump werden aus kleinen Handelskriegen allerdings globale.

US-Präsident Donald Trump verabscheut den Multilateralismus, weswegen er auch der WTO und der EU sehr skeptisch gegenübersteht. Unter dem Slogan "America first" gilt seine Liebe vor allem dem Bilateralismus. Er möchte Abkommen mit nur einem Partner schließen.

Seit der großen Rezession 2009 gibt es weltweit einen Trend zu mehr Protektionismus. Auch Trumps Vorgänger haben Minihandelskriege geführt (Johnson einen "Hühnerkrieg"; Reagan und Bush Ministahlkriege; und Bush Hormon- und Bananenkonflikte mit der EU). Das Neue an Trump sind der Stil (Erpressung) und der Umfang der Handelskonflikte (globale Handelskriege).

Unberechenbarer Präsident im Weißen Haus, auch in Sachen Wirtschaft: Donald Trump.
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Hauptfeinde China und EU

Der Hauptkritikpunkt Trumps ist die unfaire Behandlung der USA durch – vor allem – China und die EU, die sich in hohen bilateralen Handelsbilanzdefiziten manifestiert. Bei China kommt noch hinzu, dass dessen Märkte zu wenig für Auslandsinvestoren geöffnet sind und Patent- und Eigentumsrechte kaum eingehalten werden. Im Konflikt USA gegen China geht es darüber hinaus um den Kampf in Bezug auf die künftige Vormachtstellung im Hochtechnologiebereich.

Während der Konflikt mit der EU sich vorläufig auf die seit dem Vorjahr eingeführten Zölle auf Aluminium und Stahl beschränkt beziehungsweise auf die Androhung von Autozöllen, hat sich der Konflikt mit China bereits auf den gesamten bilateralen Handel zwischen den USA und China ausgeweitet. Eines dürfte aber der "deal maker" Trump übersehen haben, nämlich die sofortige Reaktion der mit Zöllen bestraften Länder. Sowohl die EU als auch mehrere andere von Zöllen auf Aluminium und Stahl betroffene Länder haben sofort Retorsionsmaßnahmen gesetzt. Die per 1. 9. 2019 eingeführten Zölle auf die restlichen Importe aus China wurden teilweise – wohl zur Rettung des Weihnachtsgeschäfts der US-Verbraucher (iPhones) – auf Dezember verschoben.

Rezession durch Handelskriege?

Allenthalben geht derzeit die Rezessionsangst um. Als ein Grund werden die eskalierenden Trump'schen Handelskriege angesehen. Während die Zölle auf Aluminium und Stahl mit und ohne Retorsionsmaßnahmen sowohl in den USA als auch bei ihren Handelspartnern kaum nennenswerte gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben, schlägt nach eigenen Berechnungen der globale Handelskrieg zwischen den USA und China vor allem bei den Hauptbetroffenen stark zu Buche. Im Fall der vollständigen (25-prozentigen) gegenseitigen Verzollung aller bilateralen Importe wird China rund zwei Prozent seines BIP einbüßen, die USA 0,5 Prozent. Die beginnende Wachstumsverlangsamung in Europa würde dagegen kaum bis maximal 0,2 Prozent durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China beeinträchtigt werden.

Nach dem Verständnis von Trump sollen Handelskriege nicht ewig dauern, sondern er will durch Erpressung den Gegner dazu zwingen, einen für die USA besseren Deal abzuschließen. Mit beiden Hauptgegnern EU und China laufen die Verhandlungen dazu bereits seit über einem Jahr. Bei China ist man nicht sicher, ob deren Führung nicht auf Zeit spielt und auf die Abwahl Trumps 2020 hofft. Auf jeden Fall gibt es bis dato noch keine konkreten Fortschritte. Vor allem die Frage der Patent- und Eigentumsrechte ist schwierig. Im Handelskrieg zwischen den USA und China sitzen die USA allerdings auf dem längeren Ast, weil sie mehr aus China importieren als umgekehrt. So könnte der Konflikt weiter eskalieren: von den derzeit maximal 25-prozentigen Zöllen kann sich Trump eine weitere Steigerung vorstellen.

Fataler Irrglaube

Mit der EU scheinen die Verhandlungen besser zu laufen. Beginnend mit dem Besuch von Kommissionspräsident Juncker bei Trump 2018 gibt es Ansätze für ein Freihandelsabkommen. Als Zwischenlösung hat die EU die Quoten für hormonfreies Rindfleisch per 2. 8. 2019 erhöht und so den schwelenden Hormonstreit teilweise entschärft. Beim geplanten Freihandelsabkommen (als Ersatz für TTIP) spießt es sich allerdings insofern, als beide Parteien zwar die Zölle auf Industriewaren beseitigen wollen, sie sich aber im Bereich Landwirtschaft uneins sind (die EU will nicht, die USA wollen eine stärkere Liberalisierung). Von einem Freihandelsabkommen light würden beide Partner profitieren, die USA (wegen des höheren Zollschutzes der EU) stärker (0,1 Prozent mehr BIP) als die EU (rund +0,05 Prozent).

Handelskriege gab es schon immer – die Handelskriege von Präsident Trump erreichten allerdings eine neue Qualität, indem er diese auf eine globale Ebene gehoben hat. Er legt sich mit Freund und Feind an. Die Streitigkeiten reichen von kleinen bis hin zu weltumspannenden Handelskriegen und zielen auf ganze Sektoren und Länder ab. Seine irrationalen Handlungen stellen aktuell die größten Risiken für die Weltwirtschaft dar, und solange Donald Trump im Weißen Haus waltet, werden Handelskriege die weltpolitische Tagesordnung mitbestimmen. Offenbar ist er nach wie vor davon überzeugt, dass Handelskriege leicht zu gewinnen sind. Dies wird wohl als fataler Irrglaube in die Geschichtsbücher eingehen. (Fritz Breuss, Elisabeth Christen, 10.10.2019)