Derzeit hat Österreich die zweithöchste Bonitätsnote AA+ (bzw. Aa1 bei Moody's), doch bleibt das auch so?

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Als Österreich vor sieben Jahren seine Topbewertung bei der Kreditwürdigkeit verlor, war der Ärger groß. Es handle sich um einen Alleingang der Ratingagentur Standard & Poor's, deren Konkurrenten der Republik allesamt weiterhin die Spitzenbonität AAA bescheinigten. Daher sei die Herabstufung auf AA+unverständlich, urteilten Kanzler Werner Faymann und sein Vize Michael Spindelegger. Wenig später zogen die Kontrahenten nach: Während Österreich aus der Oberliga abgestiegen ist, spielen Länder wie die Niederlande, Dänemark, Schweden, die Schweiz und Deutschland weiterhin in der ersten Bonitätsklasse.

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Ratingagenturen wie S&P wurde vorgeworfen, die Eurokrise durch Herabstufungen befeuert zu haben.
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Mit der Budgetkonsolidierung in den letzten Jahren war auch die Hoffnung verbunden, das "Triple-A" wieder zu erlangen. Die Bestnote sorgt in der Regel dafür, dass sich Staaten günstiger Geld am Kapitalmarkt borgen können. Doch in den letzten Wochen haben sich die Hoffnungen auf eine Hinaufstufung eingetrübt. Ratingagenturen hätten sich recht beunruhigt im Finanzministerium über die Budgetfolgen der jüngsten Parlamentsbeschlüsse erkundigt, erzählen Eingeweihte. Zur Pensionserhöhung kamen u. a. die Entlastung von Geringverdienern und die Möglichkeit der Frühpensionierung mit 62 bei 45 Versicherungsjahren hinzu.

Weniger Spielraum

Ob die Besorgnis der Ratingagenturen – neben S&P zählen Moody's und Fitch zu den drei Großen – konkrete Konsequenzen haben werden, dürfen die Bonitätswächter nicht sagen. Verkündet wird das erst, wenn es so weit sein sollte. Allerdings machen die Ratingprofis kein Hehl daraus, dass sie die Entwicklung Österreichs nun skeptischer sehen. So meint Alois Strasser von Standard & Poor's, dass die "zusätzlichen Ausgaben den Spielraum für eine Steuerreform einengen". Das könnte dazu führen, dass eine größere Entlastung teilweise über neue Schulden finanziert werde, erklärt der Analyst im Gespräch mit dem STANDARD.

Eduard Müller mahnt die Abgeordneten, das Budget im Auge zu behalten.
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Doch nicht nur die Mehrausgaben verursachen etwas Bauchweh, auch die aktuelle politische Unsicherheit liegt einigen Ratingagenturen im Magen. Moody's ortet wegen des Scheiterns der ÖVP-FPÖ-Regierung Risiken für die Fortsetzung des Reformkurses, wie die Agentur schreibt. Eine längere Phase der Koalitionsverhandlungen und politischer Unsicherheit könnte sich negativ auswirken. Der Grund: Der unklare Ausgang der Regierungsbildung könnte Geschäftsstimmung und Investitionen beeinträchtigen, meinen die Moody's-Spezialisten.

Abschwung belastet Budget

Analyst Strasser sieht einen weiteren politischen Gefahrenherd. Die neue Regierung könnte sich veranlasst sehen, dem Konjunkturabschwung mit Nachfragestimulierung zu begegnen. "Ausgabenprogramme könnten durchaus zu Haushaltsbelastungen führen, die möglicherweise nicht durch Gegenmaßnahmen gedeckt sein könnten", sagt der S&P-Mann. Er gibt zudem zu bedenken, dass vergleichbare Länder in Zeiten der Hochkonjunktur Milliardenüberschüsse erzielt und ihre Schulden deutlich reduziert haben. "Österreich hat das nicht ausreichend genutzt", erklärt Strasser.

Finanzminister steuert gegen

Konkrete Ratingaktionen sind mit den jüngsten Einschätzungen freilich nicht verbunden, Finanzminister Eduard Müller soll die kritischen Stimmen aber sehr ernst nehmen. Schon seine Appelle an die Abgeordneten, bei neuen Beschlüssen das Budget nicht außer Acht zu lassen, gelten als Reaktion auf die Anfragen der Ratingagenturen. Zudem betonte der Ressortchef, dass die Konjunkturflaute massive Auswirkungen auf das Budget haben werde.

Auch einen Regierungskollegen nahm Müller in die Pflicht. Er maßregelte Verteidigungsminister Thomas Starlinger nahezu, nachdem Letzterer 16 Milliarden Euro für das Bundesheer gefordert hatte. Müller forderte Mitte September eine Effizienzsteigerung und Priorisierung der Maßnahmen ein, anstatt nur Geld zu fordern. Auch bei dieser Äußerung hatte er die Ratingagenturen im Blick. (Andreas Schnauder, 10.10.2019)