Das umstrittene Murkraftwerk wurde am Mittwoch eröffnet.

Foto: Energie Steiermark

Es war eines der umstrittensten Bauprojekte der letzten Jahrzehnte in der steirischen Landeshauptstadt, es führte zu einem Zerwürfnis zwischen der Bürgermeisterpartei ÖVP, den Grünen und der KPÖ – und letztlich zu Neuwahlen. Am Mittwoch wurde nun nach 33 Monaten Bauzeit das Grazer Murkraftwerk mit allem üblichen Tamtam, aber auch mit einer saftigen Wutrede des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl (ÖVP) eröffnet.

Nagl erinnerte an die zahlreichen Proteste und Demos, an "viele unschöne Szenen", an "Morddrohungen und brennende Bagger", die den Bau begleitet hätten.

"Alle Parteien, die gegen das Kraftwerk vorneweg marschierten, gehen jetzt bei den Klimademos vorne mit. Das ist grotesk. Sie können jetzt ihr Handy mit sauberen Strom aus Graz laden und nicht mit Strom aus Kohle", schimpfte Nagl. Dass die KPÖ und vor allem auch die Grünen dieses "Klimaschutzprojekt" bekämpft hätten, mache ihn bis heute ungehalten. 20.000 Haushalte würden nun mit "sauberem" Strom versorgt, 60.000 Tonnen CO2 eingespart", argumentierte Nagl.

KPÖ kontert, Grüne zurückhaltend

KPÖ-Chefin Elke Kahr reagierte per Aussendung ungerührt: Es sei ein "trauriger Tag für den Umweltschutz". Das Murkraftwerk als größtes Klimaschutzprojekt der Stadt zu bezeichnen sei "bizarr". Sauber ist dieser Strom definitiv nicht", schrieb Kahr. Die Grünen, die ja in Wien vor eventuellen Koalitionsverhandlungen stehen, hielten sich mit einer Replik einigermaßen zurück.

Bereits bei den Vorbereitungen für das 80-Millionen-Euro-Kraftwerk war es zu massiven Protesten und Besetzungen, zu Polizeieinsätzen und in der Folge auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen. Die Kraftwerksgegner hatten sich unter anderem gegen die Rodungen ausgesprochen. Sie äußerten auch Bedenken, dass die Fließgeschwindigkeit der Mur verzögert und dadurch die städtische Luftsituation verschlechtert werde. Grüne und KPÖ standen an ihrer Seite.

Und noch ein heikler Punkt wurde sichtbar: Während der Bauarbeiten kamen Relikte des in unmittelbarem Umkreis angelegten, ehemaligen NS-Lagers zutage. Auf dem nahen Gelände werden nach wie vor Massengräber vermutet. (Walter Müller, 9.10.2019)