Wie alle Wissenschaftsdisziplinen entwickelt sich auch die Archäologie kontinuierlich weiter. Das Aufkommen neuer Methoden, aber auch das Identifizieren vorhandener Forschungslücken verändern und erweitern unser Fach Jahr für Jahr. Das führt unter anderem dazu, dass Archäologen sich als Spezialisten auf bestimmte Aspekte der Archäologie konzentrieren. Das können Zeitabschnitte sein, etwa die ältere Eisenzeit oder das Neolithikum, aber auch Methoden wie der Einsatz von geografischen Informationssystemen zur räumlichen Analyse von Fundstellen oder die Mikromorphologie zur genaueren Untersuchung von Ablagerungsprozessen in Siedlungen. Generalisten, wie man sich von früher kennt, sind heute selten geworden.

Die Bedeutung der Interdisziplinarität

Neben zunehmender Spezialisierung braucht es auch immer mehr Interdisziplinarität, also fachübergreifendes Arbeiten, gerade im Bereich der Methodenforschung. Der Einsatz von naturwissenschaftlichen Analysen in der Archäologie, wie zum Beispiel genetische Untersuchungen zur Geschlechts- und Verwandschaftsbestimmung menschlicher Überreste oder Isotopenanalysen zur Herkunftsbestimmung von Fundstücken werden nicht von Archäologen, sondern im Verband mit Kollegen aus der Biologie und Chemie durchgeführt.

Die Archäologie ist dadurch zu einem ungemein spannenden Feld geworden, in dem sich die unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen zusammentun, um an der "Woher kommen wir?"-Frage zu arbeiten. Die Fülle an neuen Erkenntnissen, die in den letzten Jahrzehnten auf diese Weise zusammenkamen, liefert aber nicht nur Antworten, sondern wirft neue Fragen auf und macht so Forschungslücken sichtbar, die beantwortet werden müssen. Manchmal sind die Fragen so wichtig, dass sich dabei ein neuer Forschungsbereich herauskristallisiert, der wiederum nach neuen interdisziplinären Forschungsansätzen verlangt.

Geophysik und archäologische Prospektion

Ein gutes Beispiel dafür ist der Bereich, in dem ich arbeite und der sich damit befasst, wie man die geophysikalischen Methoden innerhalb der archäologischen Prospektion verlässlicher und genauer machen kann. Ob diese erfolgreich sind, hängt nämlich, vereinfacht gesagt, davon ab, ob der Kontrast zwischen einer sich im Boden befindlichen archäologischen Struktur und dem sie umgebenden Erdreich groß genug ist, um von den jeweils eingesetzten geophysikalischen Techniken so abgebildet werden zu können, dass sie ein erfahrener Wissenschafter erkennen kann.

Wie stark dieser Kontrast ist, bestimmen – in Abhängigkeit von der jeweils verwendeten Methode, beispielsweise Georadar, Magnetik oder Geoelektrik – verschiedene Umweltfaktoren, darunter Boden- und Sedimentart, Niederschlagsmengen oder Grundwasserspiegelschwankungen. Einfach erklärt, kann es passieren, dass man bei trockenem Boden einen Grabhügel der Wikingerzeit in den Daten findet; findet die Prospektion nach einigen Stunden Dauerregen statt, sind die Strukturen fast nicht mehr erkennbar. Das ist nicht nur für die Reputation der Methode an sich ein Problem, sondern kann im schlimmsten Fall auch rechtliche Konsequenzen haben. Dann nämlich, wenn man archäologische Prospektion im Denkmalschutz einsetzt, wo unsere Ergebnisse die Planung riesiger Infrastrukturprojekte beeinflussen.

Förderprogramme als Lösungsansatz

An der Schnittstelle zwischen Archäologie, Geophysik, Bodenkunde, Geologie und Sedimentologie gelegen, sind die Fragen zu diesem Problem zwar nicht neu, sie wurden aber bisher nicht umfassend systematisch erforscht. Das liegt zu einem großen Teil am komplexen Zusammenspiel der einzelnen Faktoren und der dafür benötigten Fachkompetenz, die sich weit über die Archäologie hinaus erstreckt. Man braucht also interessierte Forscher, die zusammenarbeiten.

Um das zu bewerkstelligen, gibt es verschiedene Förderprogramme – eines davon ist das COST Action Programme der European Commission for Science and Technology, das es Forschern ermöglicht, Spezialisten verschiedener Fachrichtungen, die im selben Bereich an ähnlichen Problemen arbeiten, untereinander zu vernetzen.

2018 wurde unser Antrag von COST bewilligt, und wir haben nun vier Jahren lang Zeit, um ein Forschungsnetzwerk im Bereich archäologischer Geophysik und Bodenkunde aufzubauen. Genannt haben wir es "The Soil Science and Archaeo-geophysics Alliance: going beyond prospection (SAGA)".

Arbeitsgruppen sind eines der Tools, die innerhalb von SAGA verwendet werden, um Leitlinien zum Forschungsbereich zu erarbeiten.
Foto: SAGA_cost

Unser Ziel ist, in den kommenden Jahren diesen Forschungsbereich zu etablieren, ihm mehr Gewicht und Stimme zu geben und gemeinsame Leitlinien zu erarbeiten. Vor allem aber geht es darum, durch interdisziplinäre Projekte mit internationaler Beteiligung mehr Fördergelder für diesen Forschungsbereich zu lukrieren, um archäologische Prospektion zuverlässiger zu machen.

SAGA hat derzeit über 60 Mitglieder aus 30 Staaten, die im Rahmen von Workshops, Meetings und Konferenzen, das Publizieren wissenschaftlicher Ergebnisse, durch Arbeitsgruppen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit dieses Ziel zu erreichen versuchen und damit dazu beizutragen, auch in Zukunft spannende Entdeckungen durch die archäologische Prospektion zu ermöglichen. (Petra Schneidhofer, 10.10.2019)