Picksüßes auf Netflix: "Chesapeake Shores".

Foto: Netflix

Schluss. Keine Diskussion. Keine Debatte. Erst recht kein Duell. Und schon gar keine Elefantenrunde. Politik muss jetzt bitte einmal kurz Pause machen! Statt dramatisch ausgeleuchteter TV-Studios, irrwitziger Stachelgrafiken und nie um einen Sager verlegener Politiker will ich Landschaft. Meer. Schön gedeckte Frühstückstische, pittoreske Cafés, gepflegte Gespräche, Herz. Schmerz. Kein Tiefgang.

Chesapeake Shores auf Netflix kommt da gerade recht. Die Serie spielt an der Ostküste der USA und strotzt geradezu vor Idyll. Küste: super. Wetter: sonnig. Stadt: zum Glück weit weg. Die Handlung ist schnell erzählt: Es geht um Freuden und Nöte der Großfamilie O'Brien, die alle laut Drehbuch dickköpfig und echte Typen, tatsächlich aber kreuzbrave weiße (höhere) Mittelklasse sind.

Treat Williams (der aus Hair, schon lange her) gibt den Familienpatriarchen, der seine leicht überspannte Schar erwachsener Kinder samt Ex-Frau und Oma mit stoischem Gleichmut erträgt. Die Probleme sind überschaubar: Sie liebt ihn, er liebt sie, sie liebt ihn nicht mehr, er liebt sie nicht genug. In jeder Folge der insgesamt fünf Staffeln wird aus dicken, vertrauenerweckenden Keramikhäferln Kaffee getrunken, überall stehen Kekse rum, und trotzdem sehen alle sagenhaft gut aus.

Die Protagonisten arbeiten angeblich viel, haben aber immer Zeit, dekorativ herumzusitzen und sinnierend in die Landschaft zu schauen. Ein US-kanadischer Traum bar jeder Realität, unterlegt mit Country-Songs, der innenpolitisch umwölkte Gehirne in picksüße Watte packt. Herrlich. (Petra Stuiber, 11.10.2019)