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Brüssel – Die EU hat der Schweiz offiziell bescheinigt, keine Steueroase zu sein. Die EU-Finanzminister beschlossen am Donnerstag in Luxemburg, die Schweiz von ihrer "grauen Liste" der unter Beobachtung stehenden Länder zu streichen. Auf der Ende 2017 eingeführten Liste stehen Länder, die aus Sicht der EU zweifelhafte Steuerpraktiken haben, aber zusicherten, diese zu ändern.

Konkret galten in der Schweiz auf Bundes- und kantonaler Ebene mehrere wettbewerbsverzerrende Steuerpraktiken. Dabei mussten ausländische Unternehmen weniger Steuern zahlen als Einheimische. Bereits im Oktober 2018 hat die Schweiz auf Druck Brüssels Steuerreformen beschlossen, deren Umsetzung sich aber wegen eines Referendums verzögerte. Die Änderungen sind nun in Kraft und werden ab dem 1. Jänner 2020 angewandt. Damit genüge die Schweiz "den EU-Grundsätzen des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich" und könne von der grauen Liste genommen werden, erklärten die Finanzminister.

Derzeit bereitet die EU-Kommission eine neuen schwarzen Liste für Geldwäsche vor. Die Schweiz könnte damit wieder auf einer grauen oder schwarzen Liste stehen.

Komplett vom Haken gelassen wurden auch Albanien, Costa Rica, Mauritius und Serbien, die bisher gleichfalls auf der grauen Liste standen.

Auch Schwarze Liste schrumpft

Die Vereinigten Arabischen Emirate und die Marshallinseln wurden gleichzeitig von der schwarzen EU-Liste mit Steuerparadiesen gestrichen. Darauf stehen jene Länder, die sich bisher unkooperativ gezeigt haben.

Auf der schwarzen Liste befinden sich damit künftig noch neun Länder und Gebiete: die Amerikanischen Jungferninseln, Amerikanisch-Samoa, Belize, Fidschi, Guam, Oman, Samoa, Trinidad und Tobago sowie Vanuatu.

Die EU hatte Ende 2017 ihre Gangart gegen Steuerparadiese nach Enthüllungen wie den Panama-Papers über weit verbreitete Praktiken von Steuerflucht und -hinterziehung verschärft. Damals wurden die schwarze und die graue Liste gemeinsam eingeführt.

In vielen Fällen landen die Länder nach der Streichung von der schwarzen Liste auf der grauen Liste und stehen damit weiter unter verschärfter Beobachtung, bis sie ihre Zusagen erfüllt haben. Dies ist nun bei den Marshallinseln wegen offener Fragen beim Informationsaustausch der Fall. Die Vereinigten Arabischen Emirate müssen dagegen nicht mehr auf die graue Liste. Die Schweiz hat niemals auf der schwarzen Liste gestanden.

Abschreckende Wirkung

Die Europäer setzen mit ihren Listen auf eine "Prangerwirkung" und versuchen gleichzeitig, die Länder und Gebiete durch politischen Druck zur Änderung ihrer Steuergesetzgebung zu bewegen. Sanktionen gegen Länder auf der schwarzen Liste sind nur in beschränktem Umfang möglich. Sie beschränken sich auf das Einfrieren von EU-Mitteln.

Die Organisation Oxfam kritisierte die Entscheidungen bezüglich der Schweiz und Mauritius. Die Schweiz biete Unternehmen weiterhin niedrige Steuersätze und andere Anreize. "Dies wird wahrscheinlich weiterhin Unternehmen anziehen, die versuchen, ihren gerechten Steueranteil nicht zu zahlen", erklärte die Organisation.

Im Fall von Mauritius sei es wahrscheinlich, dass der Inselstaat Unternehmen weiterhin erlauben werde, Milliardengewinne aus anderen afrikanischen Ländern dorthin zu verschieben. (red, APA, 10.10.2019)