Der Name ist Programm, wenn es um den Rattenlungenwurm geht. Der Parasit, der zu den Fadenwürmern zählt und kaum größer als 30 Millimeter wird, lebt bevorzugt in den Lungenarterien von Ratten. Um die eigene Nachkommenschaft von dort aus optimal verbreiten zu können, nutzen die Tierchen eine ganze Reihe von Tricks – und spannen andere Lebewesen als Zwischenwirte ein.

Die entfernt an Pasta erinnernden Strukturen sind ausgewachsene Rattenlungenwürmer im Körper eines Nagetiers.
Foto: Heather Stockdale Walden

Obwohl sich der Mensch aus Sicht des Wurms nicht für die Ausbreitung eignet, sind Infektionen durchaus möglich – wenn auch eher selten. Die Folgen können unter Umständen aber schwerwiegend sein: Der wissenschaftlich als Angiostrongylus cantonensis bezeichnete Parasit kann Gehirnhautentzündungen hervorrufen, besonders bei Personen mit einer Immunschwäche kann das zu dauerhaften Schäden oder gar zum Tod führen.

Kein Wunder also, dass der bereits zweite Nachweis des Rattenlungenwurms in Tieren auf Mallorca dieser Tage für Aufregung sorgt. Von einer "Horror-Nachricht für Urlauber" war in einigen Medien gar zu lesen. Was dabei leicht zu übersehen ist: Wer keine rohen Schnecken verzehrt und lokal angebautes Obst und Gemüse vor dem Konsum gut wäscht, hat eigentlich nichts zu befürchten. "Eine Infektion ist echt schwer zu kriegen", sagte Tomas Jelinek vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin.

Abenteuerlicher Infektionsweg

Der Infektionsweg ist eine abenteuerliche Angelegenheit und beginnt ebenfalls zumeist in Rattenlungen. Dort legen ausgewachsene weibliche Würmer ihre Eier. Die geschlüpften Larven gelangen dann über die Luftröhre in den Nagetier-Rachen und werden teilweise wieder verschluckt. Auf diese Weise erreichen sie den Rattendarm und werden ausgeschieden, womit die nächste Etappe der Wurmwanderung beginnt. Über den Rattenkot nehmen Zwischenwirte, allen voran Schnecken, die Parasiten auf. Fallen die Wirte dann wiederum Ratten zum Opfer, haben die Wurmlarven ihr Ziel erreicht – und das Ganze geht von vorn los.

Diese Wurmlarve ist in eine Schnecke gelangt und wartet auf die nächste Etappe.
Foto: Heather Stockdale Walden

Die Parasiten werden aber auch von vielen anderen Tieren aufgenommen, die sich von Schnecken ernähren. Nachweise gab es etwa in Igeln, Fröschen, Vögeln, Hunden und Pferden. Die Infektionsgefahr besteht auch für Menschen in erster Linie im Verzehr von Schnecken, wobei ausreichendes Garen das Risiko stark reduziert. Ansteckungen von Mensch zu Mensch kommen nicht vor. Theoretisch können die Parasiten aber durch den Kontakt mit infiziertem Rattenkot in den menschlichen Organismus gelangen, etwa über verunreinigte Lebensmittel.

Für den Wurm ist das kein Glücksfall – er kann sich im menschlichen Körper nicht weiterentwickeln und stirbt binnen weniger Wochen ab. Bei einem Teil der Betroffenen klingt die Infektion völlig unbemerkt ab, es können aber auch Symptome wie starke Kopfschmerzen, Fieber und Nackensteifigkeit auftreten. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Hirnhautentzündung. Weltweit wurden bisher 2800 Infektionen aus 30 Ländern dokumentiert, für Jelinek "eine Rarität".

Profiteur des Klimawandels

Allerdings sei der Wurm tatsächlich auf Expansionskurs, so der Experte: "Früher war das ein südostasiatisches Problem, das hat sich geändert." Verbreitet ist der erstmals 1935 beschriebene Parasit laut Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC inzwischen auf pazifischen Inseln sowie in einigen Regionen Afrikas und der USA. Vor allem in Florida hat sich der Rattenlungenwurm in den vergangenen Jahren etabliert, wie Forscher Heather Stockdale Walden 2017 im Fachblatt "Plos One" berichteten.

Der aktuelle Fund auf Mallorca zeigt, dass auch in Europa mit einer weiteren Ausbreitung zu rechnen ist. Schuld daran ist nicht zuletzt der Mensch: Der Rattenlungenwurm ist ein Profiteur der Globalisierung und des Klimawandels. Über internationale Transportwege gelangt er in neue Weltregionen und findet, dank der Erderwärmung, immer häufiger günstige Umweltbedingungen vor. (David Rennert, 10.10.2019)