Der Aufstieg Österreichs zum Vorzeigeland in Sachen abschalten, regenerieren, frische Kräfte sammeln ist beeindruckend. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten hat sich nicht nur die Zahl von Hotels, die mit Wellness werben, vervierfacht; mit den Preisen, die ebenfalls deutlich angehoben wurden, ist meist auch die Qualität gestiegen, zumindest was Saunalandschaft und Poolgrößen betrifft.

Wenn es um fachkundiges Personal geht, sieht die Situation oft anders aus.

"Bei der Ausbildung der Mitarbeiter gibt es bei vielen Hotels Luft nach oben", sagt Christian Werner, Herausgeber des soeben erschienenen Relax Guide 2020 (360 Seiten, 26,90 Euro) dem STANDARD. Die Hotellerie habe mit einem eklatanten Fachkräftemangel zu kämpfen. Die Folgen zeigten sich in der Servicequalität. Diese ließe immer häufiger zu wünschen übrig.

"Gerade im Fünf-Sterne-Segment, wo stolze Preise verlangt werden, kommen mangelnde Deutschkenntnisse von Personal, das oft auch noch ungenügend qualifiziert ist, bei Gästen gar nicht gut an. Hier müssen nicht wenige Hotels nachbessern."

15 neue Hotels

Werner hat Ende der 1990er-Jahre als Erster begonnen, mit Wellness werbende Hotels zu erfassen, zu testen und zu klassifizieren. Im Zeitraum Sommer 2018 bis Sommer 2019 ist die Zahl einschlägiger Betriebe in Österreich auf über 1100 gestiegen, so viele wie nie. Sieben Hotels haben in diesen zwölf Monaten geschlossen, 15 sind neu dazugekommen.

Besser abgeschnitten haben im Vergleich zur vorjährigen Bewertung 50 Hotels, 44 Häuser wurden hingegen schlechter eingestuft. Die Reihung der Hotels erfolgt mittels eines Punktesystems, das sich an den besten Betrieben orientiert. Neben Wellnessinfrastruktur, Lage des Hotels, Service und Qualität des Essens wird auch die Stimmigkeit des Angebots im Ranking berücksichtigt.

Viele Lilien

Zu den besten der Branche, die von den Testern vier Lilien erhalten haben, gehört der Steirerhof im steirischen Bad Waltersdorf, der Lanserhof in der gleichnamigen Tiroler Gemeinde, Reiters Supreme in Bad Tatzmannsdorf, Burgenland, Astoria Resort im Tiroler Seefeld und Feuerberg Mountain Resort in Bodensdorf, Kärnten.

Ebenfalls vier Lilien bekamen Geinberg5 Private Spa Villas, Oberösterreich, Gmachl Genussdorf in Bergheim bei Salzburg, Posthotel Achenkirch in Tirol, der Salzburgerhof in Zell am See sowie das Wiesergut in Saalbach-Hinterglemm.

Schönheit und Entspannung durch Yoga statt mittels Kosmetikpackungen: Immer mehr Wellnesshotels bieten diese aus Indien stammende Technik an.
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Erstmals haben die Tester um Christian Werner auch Südtirol unter die Lupe genommen. "Als Trendregion für Wellnessurlaub liegt Südtirol ganz vorn. Von 250 Spa-Hotels haben 100 zumindest eine Lilie erhalten, das sind unglaubliche 40 Prozent", sagt Werner. "In Österreich sind es im Vergleich 22 Prozent, und das ist ein guter Wert. In Deutschland hingegen sind es nur zwölf Prozent."

Speziell in den vergangenen drei Jahren sei südlich des Brenners sehr viel in Wellnesstourismus investiert worden. Zudem punkteten viele Betriebe in Südtirol mit einer "sehr guten Küche, die häufig verbunden ist mit einer wunderbaren Tischkultur."

Mehr Yoga statt Beauty

In Österreich ist, schenkt man dem Relax Guide Glauben, das Burgenland Wellness-Spitzenreiter. Von den insgesamt 29 einschlägigen Hotels, die es dort gibt, wurden 41 Prozent und damit in etwa so viele wie in Südtirol mit Lilien ausgezeichnet. An zweiter Stelle liegt Oberösterreich (30 Prozent), gefolgt von Kärnten (29 Prozent) und Niederösterreich (27 Prozent). Schlusslichter sind Tirol und Vorarlberg mit 20 respektive 16 Prozent.

Tirol sei ein Spezialfall, sagt Werner. Dort gibt es mit 82 Häusern zwar die meisten mit Lilien ausgezeichneten Häuser, es stehen dort aber auch die meisten Wellnesshotels, nämlich 419. Und diese seien oft schwach bewertet, weil sie mehr Ferien- oder Wintersporthotels seien und weniger auf Wellness ausgerichtet. Das drücke den Schnitt.

Noch ein Trend sei auffällig: "Yoga ist stark im Kommen, der Anteil von Kosmetik hingegen sinkt", sagt Werner. Auch Fitnessgeräte seien von Gästen früher stärker nachgefragt worden.

Am teuersten ist für Wellness-Begeisterte ein Aufenthalt in Vorarlberg. Dort zahlt man in der günstigsten Saison und Zimmerkategorie mit Halbpension im Schnitt 186 Euro pro Person. Im Österreich-Schnitt sind es gut 138 Euro, in Südtirol 149, in Deutschland knapp 133 Euro. (Günther Strobl, 10.10.2019)