Das kleinzellige Lungenkarzinom ist ein klassischer Raucherkrebs.

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Jährlich werden weltweit 1,8 Millionen Lungenkarzinom-Neudiagnosen gestellt. 1,6 Millionen Menschen sterben an der Krankheit. Weil die Früherkennung nach wie vor kaum funktioniert, sind Fortschritte bei der Behandlung dringend notwendig.

Maximilian Hochmair, Leiter des Arbeitskreises Pneumonologische Onkologie der österreichischen Pneumologengesellschaft (ÖPG) von der Klinik Floridsdorf, und Markus Rauter, Leiter der Lungenabteilung am Klinikum Klagenfurt, stellten bei einem vom Pharmakonzern AstraZeneca organisierten Gespräch neueste Studienergebnisse in der medikamentösen Behandlung des Lungenkarzinoms vor. Es ging dabei um Medikamente wie Tyrosinkinase-Hemmer bei Unterformen von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs, die aufgrund von genetischen Mutationen vor allem Nichtraucher betreffen, und um das kleinzellige Lungenkarzinom, ein klassischer "Raucherkrebs" mit extrem schlechter Prognose.

Kleinzelliges Lungenkarzinom

Kürzlich wurden bei der Welt-Lungenkrebskonferenz (WCLC) in Barcelona neue Daten zur Behandlung des kleinzelligen Lungenkarzinoms vorgestellt. "Das ist ein sehr aggressiver Tumor mit einer Tumorverdoppelung binnen 55 Tagen, ein klassisches Raucherkarzinom", sagte Hochmair. Zehn bis 15 Prozent der Lungenkarzinomerkrankungen sind kleinzellige Karzinome. Ohne Behandlung starben früher die meisten Patienten binnen weniger Wochen. 31 Prozent der Erkrankungen werden erst im Stadium III diagnostiziert, 56 Prozent im Stadium IV.

In den bisher veröffentlichten Studienergebnissen ging es darum, ob in zwei per Zufall gebildeten Behandlungsgruppen (je rund 270 Patienten mit herkömmlicher Chemotherapie mit Etoposid und einem Platin-Medikament allein oder zusätzlich noch das Immuntherapeutikum Durvalumab) durch die erweiterte Kombinationstherapie ein Vorteil gegeben war. Bereits zuvor war belegt worden, dass man dadurch die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung (progressionsfreies Überleben; PFS) von im Mittel 13,6 auf 18 Monate erhöhen konnte. Bei der Konferenz in Barcelona wurden die gesammelten Daten zum Gesamtüberleben präsentiert.

Möglichkeiten der Immuntherapie

Auch sie waren bezüglich der Kombination mit der Immuntherapie statistisch signifikant besser: Die mittlere Lebenserwartung stieg von 10,3 auf 13 Monate. "Das ist ein Vorteil von 2,7 Monaten. Zehn bis 15 Prozent der Patienten profitieren aber langfristig von der Immuntherapie", sagte Hochmair. 33,9 Prozent der Patienten waren nach 18 Monaten nach einer zusätzlichen Behandlung mit Durvalumab noch am Leben, hingegen nur 24,7 Prozent der Patienten mit alleiniger Chemotherapie. Nach zwölf Monaten lebten noch 17,5 Prozent der Patienten unter Durvalumab-Therapie ohne Fortschreiten der Erkrankung, in der Vergleichsgruppe nur 4,7 Prozent. Insgesamt dürften damit in Zukunft nach einer ähnlichen Kombi-Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Atezolizumab zumindest zwei neue Möglichkeiten einer wirksamen Behandlungsform für das kleinzellige Lungenkarzinom vorhanden sein. In den vergangenen Jahrzehnten sind Dutzende Studien, die Fortschritte bringen sollten, gescheitert.

Auch beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom gibt es in einer bestimmten Patientengruppe bessere Therapien. Zehn bis 15 Prozent der Patienten haben Karzinome mit Mutationen im EGFR-Rezeptor. Bei Vorliegen dieser Unterart von Lungenkarzinomen wurde vor rund zehn Jahren erstmals mit zielgerichteten Medikamenten (Tyrosinkinase-Hemmer) eine über eine gewisse Zeit hoch wirksame orale Therapieform etabliert. Die ersten Medikamente waren die Substanzen Erlotinib und Gefitinib, dann kam in zweiter Generation Afatinib und schließlich (3. Generation) Osimertinib.

Fortschritt im Monatstakt

"Auf Chemotherapie sprechen 30 Prozent der Patienten an, auf die EGFR-Hemmer hingegen 70 bis 80 Prozent", sagte Markus Rauter, Leiter der Lungenabteilung am Klinikum Klagenfurt. "Zwei Drittel der Patienten sind Niemals-Raucher."

In einer großen Vergleichsstudie mit 556 Patienten – wie beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) in Barcelona dargestellt wurde – konnte mit Osimertinib im Vergleich zu Erlotinib und Gefitinib eine deutlich bessere Lebenserwartung erzielt werden. Die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung stieg von 10,2 auf 18,9 Monate, das mittlere Gesamtüberleben von 31,8 auf 38,6 Monate, was statistisch ebenfalls signifikant war. Die Überlebensraten nach drei Jahren lagen mit Osimertinib bei 54 Prozent, bei einer Behandlung mit einem der älteren Medikamente bei 44 Prozent. (APA, 21.10.2019)