Korallen der Spezies Cladocora caespitosa zeigen nach Hitzewellen eine überraschende Erholung.

Foto: APA/AFP/Science Advances/DIEGO K. KERSTING

Berlin – Korallen zählen in den Ozeanen zu den am meisten betroffenen Opfern des Klimawandels. Erst vor wenigen Monaten wies eine Studie im Fachblatt "Current Biology" nach, dass Hitzewellen das Korallensterben sogar weitaus schneller vorantreiben als befürchtet. Allerdings gibt es in diesem Zusammenhang auch gute Nachrichten: Korallen verfügen laut einer aktuellen Untersuchung über bisher unbekannte Überlebensstrategien gegen die Erwärmung der Meere.

Totgeglaubte Korallen-Kolonien konnten sich nach einer Hitzewelle selbst verjüngen und dadurch überleben, wie Forscher der Freien Universität Berlin und der Universität Barcelona in einer nun im Fachjournal "Science Advances" veröffentlichten Studie herausfanden.

Überraschende Genesung

Seit 2002 beobachteten sie jährlich dieselben 243 Kolonien einer bedrohten Korallenart vor dem spanischen Columbretes-Archipel. Bei einer Hitzewelle 2003 sei dort etwa ein Viertel der Korallenbedeckung verloren gegangen, heißt es in der Studie. Später stellten die Forscher nach eigenen Angaben überrascht fest, dass einige seit Jahren als tot angesehene Kolonien der Riffbauerkoralle Cladocora caespitosa lebende Polypen aufwiesen und wieder genesen waren. "Es handelt sich um einen Prozess, bei dem ein Polyp aus der betroffenen Kolonie seine Größe deutlich verringert und das Skelett teilweise verlässt", erklärte der Berliner Forscher Diego Kersting.

Sobald sich die Umweltbedingungen verbesserten und das sogenannte Stress-Ereignis wie in diesem Fall die Hitzewelle 2003 vorbei sei, wachse der verjüngte Polyp auf seine ursprüngliche Größe zurück, erklärten die Wissenschafter. Dann baue er ein neues Skelett im alten auf und beginne, tote Koloniebereiche durch Knospen neu zu besiedeln.

Hoffnung für das Great Barrier Reef

Bisher war dieser Mechanismus nur bei fossilen Korallen von vor hunderten Millionen Jahren bekannt. Er sei noch nie bei lebenden Korallen beobachtet worden. Kersting äußerte die Hoffnung, dass diese Strategie auch dem weltgrößten Korallenriff helfen könnte, dem Great Barrier Reef vor der Küste Australiens.

Zwar seien die Beobachtungen "gute Nachrichten für das Überleben dieser gefährdeten Koralle in einem sich erwärmenden Mittelmeer", erklärte die spanische Wissenschafterin Cristina Linares. Allerdings bestünden "ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit dieses Prozesses angesichts der sich beschleunigenden Erwärmungsraten". Diese könnten die Kapazitäten der Korallen, sich zu verjüngen, übertreffen. Dringende Maßnahmen gegen den Klimawandel blieben daher unerlässlich. (red, APA, 10.10.2019)