Wien – Große Erwartungen waren im Vorfeld des SPÖ-Präsidiums seitens wichtiger Parteifunktionäre an die Ergebnisse der Sitzung herangetragen worden. Chefsozialdemokratin Pamela Rendi-Wagner hatte angekündigt, die SPÖ "radikal neu denken zu wollen", während Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher angeregt hatte, den Weg zu einem Reformparteitag zu ebnen, der die größte Erneuerung seit dem Hainfelder Parteitag vor 130 Jahren hätte bilden sollen.

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Am Freitag war es dann so weit, knapp sieben Stunden tagten die Parteigranden der SPÖ, um nach der Wahlschlappe bei den Nationalratswahlen über die nächsten Schritte zu beraten. Das Wording von Pamela Rendi-Wagner im Gefolge der Sitzung erinnerte dabei an die Formulierungen der vergangenen Wochen: Man habe eine "schonungslose, tabulose und offene Diskussion" geführt, um die Lehren aus den – nicht gerade rosigen – Entwicklungen der letzten Jahre zu ziehen. Wobei sich die Details dieser Lehren erst in den kommenden Monaten zeigen sollen. Zunächst einmal gab Rendi-Wagner nur den (metaphorischen) "Startschuss für einen Erneuerungsprozess" der Partei, der bis April 2020 abgeschlossen sein soll.

Zukunftslabore und Mitgliederbefragung

Der Erneuerungsprozess werde interne und externe Aspekte beinhalten, erklärte Rendi-Wagner. Intern gehe es nun darum, auf allen Organisationebenen, "von der Jugend bis zu den Pensionisten", eine Analyse der Fehler vorzunehmen und daraus Handlungsableitungen für die jeweilige Zielgruppe zu generieren. Doch vor allem soll es eine "Öffnung der Partei" geben, die Rendi-Wagner mit neuen Institutionen verknüpfte, die sie als "Zukunftslabore" bezeichnete. In derlei Zukunftslaboren werde die SPÖ den Versuch unternehmen, hinkünftig mit "Intellektuellen, Künstlern und Forschern" in einen verstärkten Austausch zu treten. Die Ergebnisse dieser Zukunftslabore sollen dann wiederum in eine groß angelegte Mitgliederbefragung einfließen – laut Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch "das größte Beteiligungsmodell in der Geschichte der Sozialdemokratie".

Nicht nur Pamela Rendi-Wagners Bestellung von Christian Deutsch zum Bundesgeschäftsführer ist innerhalb der SPÖ umstritten.
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Abgerundet werden soll der Erneuerungsprozess mit einem "Zukunftskongress" im April 2020, bei dem man die gesammelten Inputs in konkretes politisches Handeln umzumünzen gedenkt. Idealiter werde dabei dann eine übergreifende "sozialdemokratische Erzählung für das 21. Jahrhundert" herausschauen, an der es bislang einen schmerzlichen Mangel gäbe.

Rotes Sondierungsteam steht fest

Rendi-Wagner gab auch bekannt, wer dem roten Sondierungsteam für die Gespräche mit der ÖVP ab kommender Woche angehören wird. Neben ihr selbst werden die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, der Gewerkschafter Rainer Wimmer, der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser sowie Klubobmann-Stellvertreter Jörg Leichtfried dabei sein.

Die Parteichefin gibt sich selbstbewusst, mit der SPÖ in Zukunft wieder Erfolge einfahren zu können.
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Inhaltlich werde die SPÖ in den Unterredungen mit der ÖVP auf eine "Reparatur des 12-Stunden-Tags" drängen – von einer Rücknahme sprach Rendi-Wagner übrigens nicht. Zudem werde sich die SPÖ für eine Viertagewoche einsetzen und einen Stopp der türkis-blauen Sozialversicherungsreform. Ein etwaiger Koalitionspakt würde den Mitgliedern allerdings nicht zur Abstimmung vorgelegt, wie Rendi-Wagner auf Nachfrage erläuterte. Die unter Christian Kern avisierte Parteireform hatte eine solche Einbindung der Basis noch vorgesehen, dieser Plan wurde jedoch nach Rendi-Wagners Parteiübernahme abgedreht. Und wird offenbar allzu bald auch nicht revitalisiert. (Theo Anders, 11.10.2019)