Was wir uns an den ersten Tagen im Jahr mit weniger als zehn Grad wünschen, ist leicht erklärt: Noch ein paar Tage mehr mit mehr als zehn Grad in diesem Jahr. Viele von uns steigen dafür in den Billigflieger oder ins Auto und hauen ab in Richtung Süden – etwa am langen Wochenende Anfang November, weil Allerheiligen heuer auf einen Freitag fällt. Bleibt noch die Frage: Geht's auch ein bisserl klimafreundlicher?

Wir haben multimodale Transportsuchmaschinen wie Rome2Rio nach Zug- oder Fernbusverbindungen durchforstet, die möglichst rasch in die Wärme führen. Wer lange Fahrten nicht scheut, sie vielleicht sogar schätzt, um wieder einmal ein gutes Buch zu lesen – oder noch besser mit Ohrstöpseln zu hören – ist etwa mit diesen fünf Reisezielen gut beraten:

1. Orvieto, Italien

Der Nachtzug nach Rom ist ein Klassiker, der im Spätherbst noch ein paar Reisende mehr in die Ewige Stadt befördert. Warum also nicht einfach einen Bahnhof vor der Endstation in Orvieto aussteigen. Die herrliche Altstadt ist auf einem Plateau aus Tuffgestein errichtet, der von Kellern, Gängen und Zisternen durchzogen wird. Ein kleiner Teil des Labyrinths ist für die Besichtigung erschlossen, ausführliche Touren in den Untergrund gibt um rund 40 Euro pro Person. Auf dem Stadtfelsen finden sich viele leistbare Unterkünfte wie das Hotel Palazzo Piccolomini und etliche günstigere Frühstückspensionen. Auch feine Wirtshäuser gibt es in der umbrischen Kleinstadt sonder Zahl, empfehlenswert ist etwa die Osteria Del Grillo in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof.

Anreise: Nachtzug von Wien oder München nach Rom mit Ankunftszeit in Orvieto um 8.12 Uhr, Fahrzeit rund 13 Stunden. Sitzplatz im ÖBB-Zug ab € 29 pro Strecke, Schlafwagen mit Frühstück ab € 69. Retour geht's gegen 20 Uhr, man hat also noch den ganzen Tag.

Foto: imago images / Danita Delimont

2. Ascona/Locarno, Schweiz

Die Gestade am Schweizer Ufer des Lago Maggiore und am Luganersee kommen Kälteflüchtigen vermutlich nicht als Erstes in den Sinn. Dabei ist das Klima in diesem Teil des Tessin mediterran, rund um die Seen wachsen Palmen. Ist das Locarno-Filmfestival im August erst einmal gelaufen, kehrt auf dem herrlichen Hauptplatzensemble der Piazza Grande Ruhe ein. Und in der Nachbargemeinde Ascona, die wie ein Teil von Locarno wirkt, aber durch den Fluss Maggia von der Stadt getrennt wird, sind in Gasthäusern entlang der Seepromenade wie dem Marina wieder freie Sitzplätze zu ergattern. Nordöstlich der Altstadt erhebt sich der Hügel Monte Verità, der früher Aussteiger und Lebensreformer anzog, die freie Liebe, Vegetarismus und Anarchie predigten. Zum heutigen Museumskomplex Monte Verità gehört auch ein Hotel.

Anreise: Mit dem Zug fünfmal täglich und tagsüber in 10 h 45 min von Wien via Zürich nach Locarno (oder Nachtzug via Mailand 17 h), realistisch ab € 110 pro Strecke ohne Ermäßigung.

Foto: GettyImages/iStock/Roman Babakin

3. Split, Kroatien

Ende Oktober, Anfang November liegt die Wassertemperatur in Dalmatien noch meist jenseits der 20 Grad, an schönen Tagen geht's ab ins Meer. Wen es bei diesem Gedanken fröstelt, der besucht halt den römischen Diokletian-Palast oder eine der zahlreichen Kunstausstellungen im Herbst. Gute Häuser wie das Piazza Heritage sind um diese Zeit schon fast unverschämt günstig (DZ ab € 110), Appartement-Vermieter buhlen um Kundschaft. In gehobenen Restaurants wie der Konoba Nikola, die oft östlich der Altstadt liegen, kommen Hummer und Muscheln besonders frisch auf den Tisch.

Anreise: In 12 h 31 min kommt man mit den Bussen von Eurolines ohne Umsteigen von Wien nach Split; Abfahrt: 23.59, Ankunft: 12.30; tagsüber dauert die Fahrt eine Stunde weniger; Ticket hin und retour € 51.

Foto: GettyImages/iStock/rusm

4. Marseille, Frankreich

Was für die Ossis untern den Ösis Dalmatien ist, ist für die Wessis Südfrankreich. Marseille, die älteste Stadt Frankreichs, hat sich in den letzten Jahren ordentlich gemausert und vor allem um den Hafen herausgeputzt. Abgesehen von klassischen Sehenswürdigkeiten wie der Kathedrale Notre-Dame de la Garde lohnt das Museum der europäischen Zivilisationen und des Mittelmeers sowie eine Tour durch die Stadt in der Stadt "Cité Radieuse" auf den Spuren des Architekten Le Corbusier. Doppelzimmer in Hotels wie dem NH Collection Marseille sind im November um € 120 zu haben, bloß die feinen Restaurants am Vieux Port gewähren zu keiner Zeit im Jahr saisonalen Rabatt.

Anreise: In 11 h 18 min hat man mit dem Zug von Innsbruck aus Marseille erreicht, blöd nur, dass man in Zürich und Genf umsteigen muss; one way realistisch ab € 170; von Wien aus plus 4:14 h Fahrzeit.

Foto: GettyImages/iStock/SimonSkafar

5. Portoroz/Piran, Slowenien

Zugegebenermaßen rückt die nahe slowenische Adria mit Ende des Sommerfahrplans in weite Ferne – zumindest, was die Fahrzeit mit dem Bus betrifft. Wer sich aber gleich nach der Ankunft in Portoroz ein E-Bike mietet (Info unter: www.portoroz.si), kommt wenigstens vor Ort gut weiter. Zwischen den beiden Küstenstädtchen zu pendeln ist damit ebenso bequem wie ein Ausflug in die Salinen, ins Flusstal Dragonja oder ins hügelige Hinterland. Im Restaurant Rizibizi in Portoroz werden um diese Jahreszeit hervorragende Trüffelgerichte serviert, und an der sommers überlaufenen Strandpromenade von Piran findet sich vielleicht sogar ein freies Bettchen (hotel-piran.si). Um knapp € 100 pro Person kann man im Hinterland übrigens auch selbst auf Trüffeljagd gehen (Info: www.istraterra.com).

Anreise: Mit Flixbus im Nachtbus in 11 h 40 min von Wien via Triest nach Portoroz/Piran, realistisch € 100 hin und retour. (Sascha Aumüller, 15.10.2019)

Foto: GettyImages/iStock/Hans Harms