Ein Vogel zwitschert, und es klingt wie das Läuten eines Handys. Nach längerer Pause hebt wieder ein einsamer Singvogel an, diesmal erinnert es an das Anwerfen eines Automotors. Die Transformation der Natur zum Künstlichen – in Martin Roths Installation I listened to animals imitating humans ist sie vollzogen.

Wir stehen in der ehemaligen Garage des Wiener Kunsthauses, unter unseren Füßen zweieinhalb Tonnen Schutt und Reste von Skulpturen. Bis in die frühen 90er-Jahre, als Friedensreich Hundertwasser das Ausstellungshaus gründete, parkten hier Autos. Heute ist der 80 Quadratmeter große Raum für künstlerische Arbeiten zu ökologischen Themen reserviert, hier soll Hundertwasssers Nachhaltigkeitsidee weiterleben.

War was? In Roths Installation hat die Natur hat die Menschheit überlebt.
Foto: Kunsthaus Wien 2019/Thomas Meyer

Tiere imitieren Verkehrslärm und Sirenen

Roths Installation ist raumfüllend; sie zeigt eine posthumane Welt als dystopische Landschaft, bestehend aus den Trümmern unserer Zivilisation. Manche Tiere haben überlebt und kommen wieder; die Vögel sind in Geräuschen präsent, doch sie sind schwer gezeichnet von der Anwesenheit des Menschen auf diesem Planeten. Sie imitieren künstliche Geräusche wie Verkehrslärm und Sirenen – ein Phänomen, das die Wissenschaft schon lange beschreibt.

In den Schutt der Häuser haben sich Teile aus Plastik gemischt; das Material verrottet erst nach Hunderten von Jahren. Zwischen den Trümmern ragen vereinzelt Pflänzchen hervor, ihr Wille zum Wachstum ist stärker als der vernichtende Nachhall der Menschheit. Am Ende überwuchert uns die Natur: Das ist fast hoffnungsvoll.

Wo früher Autos standen, werden heute künstlerische Einlassungen zu Ökologie und Umwelt gezeigt.
Foto: Kunsthaus Wien 2019/Thomas Meyer

Posthum

Dass der Mensch in seiner Art, die Welt zu vernutzen, gewaltiges Potenzial zur Selbstzerstörung beweist, ist keine neue Erkenntnis. Und findet durch die rasende Klimakrise aktuell doch beeindruckende Evidenz. Roths Installation wirkt im Lichte dessen aber nicht naiv, sondern überzeugend klar und deutlich in der Botschaft. Martin Roth, 1977 in Graz geboren und zuletzt in New York daheim, verstarb im Juni dieses Jahres. Die aktuelle Installation hatte er fertig geplant, exakt entworfen und sogar Renderings gezeichnet. Also konnte die Kuratorin Margareta Sandhofer seine Pläne umsetzen. Der Künstler kann das Ergebnis nicht mehr sehen.

Es ging Roth in seinem Werk zuletzt verstärkt darum, den Menschen von seinem hohen Ross zu stoßen, ihn nicht mehr als das Zentrum von allem zu sehen. Die Geschichte wird auch im Kunsthaus im Grunde aus der Sicht der Natur erzählt. (Lisa Mayr, 12.10.2019)

Zu sehen bis 12.1.2020 im Kunsthaus Wien.