Erstmals live in Österreich: Lingua Ignota am Samstag im Rhiz.

Foto: Profound Lore Records

Die klassisch ausgebildete US-Sängerin und -Musikerin Kristin Hayter arbeitet sich als Lingua Ignota auf dem Album "Caligula" (Profound Lore Records) zwar nicht unbedingt an einer titelgebenden "unbekannten Sprache" ab. Diese älteste bekannte konstruierte Sprache mit eigenen Schriftzeichen wurde im 12. Jahrhundert von der Mystikerin und Universalgelehrten Hildegard von Bingen geschaffen. Sie kreist mit gut 1.000 Begriffen um die Themengebiete Mensch und Natur, beziehungsweise wurde sie entwickelt, um das "Unsagbare" sagbar zu machen. "Aigonz" steht für Gott, "Diueliz" für den Teufel. Klingt gut und macht in Sachen pathetische Aura mächtig was her.

Sakralatmosphäre und Urschreitherapie

Eingedenk ihres großen musikalischen Vorbilds Diamanda Galás inszeniert sich Kristin Hayten nach Anfängen in der harschen Industrialmusik auf ihrem aktuellen Album "Caligula" in bester US-amerikanischer Dringlichkeits- und Überwältigungstradition zwischen sinistrem Ambient-Drone, Noise-Musik nach Vorschrift, schönen Balladen, ein wenig Sakralatmosphäre mit Kirchenorgel und guter alter Urschreitherapie, liturgisch gedeutet. Anhand der Vita des römischen Kaisers Caligula geht es in dieser Tour de Force um untergehende Systeme, (sexuelle) Gewalt, Korruption, Dekadenz – und das Konzept der Rache: "If the poison won't take you my dogs will."

Profound Lore Records

Anna von Hausswolff, Chelsea Wolfe, Hide oder Zola Jesus: Wer mit aktuellen Gothic-Dusen (an der Welt und deren Schattenseiten leidend, aber willensstark!) etwas anfangen kann, kann sich auch von Lingua Ignota begeistern lassen. (Christian Schachinger, 11.10.2019)