Rund 300 Personen wurden nach dem Mord in Kitzbühel vom Kriseninterventionsteam betreut.

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Kitzbühel – Nach dem Fünffachmord in Kitzbühel dürften die Ermittlungen noch das gesamte restliche Jahr andauern. Deshalb rechnete Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Mayr mit einer Anklage erst im ersten Halbjahr des kommenden Jahres. Die bekannte Psychiaterin Adelheid Kastner wurde indes mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens des Beschuldigten beauftragt.

Kastner soll einerseits klären, ob der 25-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war, und andererseits, ob er an einer geistigen Störung leidet, die ihn auch in Zukunft gefährlich machen könnte, erklärte Mayr am Freitag bei einer Pressekonferenz in Kitzbühel. Derzeit gebe es zwar keine Hinweise darauf, dass der Verdächtige nicht zurechnungsfähig war, bei einer derartigen Tat sei es aber üblich, ein Gutachten erstellen zu lassen.

Geständnis vor Richter wiederholt

Der 25-Jährige befinde sich derzeit in der Innsbrucker Justizanstalt und werde dort auch psychiatrisch betreut. "Es könnte die Gefahr bestehen, dass er sich etwas antut", sagte Mayr. Am Montag hatte der Verdächtige sein zunächst bei der Polizei abgelegtes Geständnis nochmals vor dem Haftrichter wiederholt, weshalb es derzeit keinen Grund gebe, ihn erneut einzuvernehmen. Die Staatsanwaltschaft hat eine Tatrekonstruktion beantragt, die Entscheidung darüber obliege dem Haft- und Rechtsschutzrichter.

Die Tatortarbeiten der Polizei waren auch am Freitag noch nicht ganz abgeschlossen. "Wir führen noch Vernehmungen mit Bekannten und Freunden der Opfer und des Verdächtigen durch", erklärte LKA-Leiter Walter Pupp. Außerdem versuche die Polizei die letzten Stunden vor der Tat zu rekonstruieren. Dazu werden auch die Handydaten der Beteiligten ausgewertet. Der Bruder des Verdächtigen, dem die Tatwaffe gehörte, soll in Japan, wo er sich derzeit beruflich aufhalte, befragt werden.

Kritik an der Berichterstattung

Die Medienarbeit der Polizei sei mit der Verhängung der U-Haft beendet und liege nun bei der Staatsanwaltschaft, sagte Pupp. Der LKA-Leiter kritisierte die Berichterstattung über den Fünffachmord teils scharf. "Kein Mensch verliert seine Würde, weil er Opfer eines Verbrechens wurde, und kein Mensch verliert seine Würde, weil er eines schweren Verbrechens verdächtigt wird", betonte Pupp. Die Rechte der Menschen seien massiv verletzt worden.

Die Tat beschäftige die Menschen in Kitzbühel nach wie vor, sagte Bürgermeister Klaus Winkler. "Die Anteilnahme gegenüber den Angehörigen der Opfer, aber auch gegenüber der Familie des Beschuldigten ist sehr groß. Viele Menschen sprechen der Familie des Beschuldigten auch Mut zu und sagen ihnen ihre Unterstützung zu", schilderte Winkler. Das Kriseninterventionsteam habe in den vergangenen Tagen rund 300 Personen betreut, sagte dessen Leiter Gerhard Müller. Es gebe nach wie vor viele telefonische Beratungen.

Waffe des Bruders

Der Verdächtige hatte am Sonntag gegen 4 Uhr am Haus seiner 19-jährigen Ex-Freundin, in dem ihre gesamte Familie wohnte, geläutet. Nachdem ihr Vater ihn abgewiesen hatte, ging er nach Hause und holte sich die Pistole seines Bruders, die dieser legal besaß und in einem Tresor aufbewahrte. Gegen 5.30 Uhr kam er erneut zu dem Haus und erschoss dort zunächst den Vater (59) der 19-Jährigen, dann ihre Mutter (51) und ihren Bruder (25), bevor er seine Ex-Freundin und ihren neuen Freund, einen Eishockeyspieler, tötete.

Anschließend stellte sich der Mann bei der Polizeiinspektion Kitzbühel. Das Motiv dürfte Eifersucht beziehungsweise Zurückweisung gewesen sein, denn die junge Frau hatte vor zwei Monaten ihre Beziehung zu ihm beendet.

Am Freitag, Samstag und Sonntag soll es jeweils von 18 bis 19 Uhr in der Stadtpfarrkirche eine Trauerstunde geben. Das Begräbnis der Familie findet am Montag um 14 Uhr statt. Der ebenfalls getötete Eishockeyspieler wird in seiner Heimat Oberösterreich beigesetzt. Die Angehörigen baten, in der Kirche von Foto-, Film- und Tonaufnahmen Abstand zu nehmen. (APA, 11.10.2019)