Camilla Nylund: großartig als Kaiserin

Foto: Pöhn

Es gibt Produktionen, die aus der Feierlaune offenbar nicht herauskommen. Richard Strauss’ Frau ohne Schatten etwa war bereits beim Jubel über den 150. Geburtstag der Wiener Staatsoper mit Premierenehren bedacht worden. Nun galt es, das vor 100 Jahren an ebendiesem Haus uraufgeführte Märchenwerk selbst zu feiern.

Direktor Dominique Meyer erinnerte eingangs an Daten und Fakten der Aufführungshistorie. Auch bekundete er, Dirigent Christian Thielemann würde mit einer Faksimileausgabe jener Partitur beschenkt werden, die Franz Schalk 1919 bei der Geburt der schattenlosen Frau vor sich hatte. Er könnte sie als kleinen Trost für die Konflikte bei den Osterfestspielen empfinden. Thielemann dankte jedenfalls als Impulsivität und Kammermusik souverän umsorgendes Energiezentrum: Das Staatsopernorchester war ein emotional lodernder Advokat der kantablen Süße wie auch jener düsteren Modernität des Harmonischen.

Tolle Kaiserin

Über all den Orchesterwogen und -bächlein schwebte als Kaiserin konkurrenzlos Camilla Nylund. Sie stattete alle Dramatik mit seidesanftem Timbre aus und demons trierte, wie vokale Extremsituationen abseits des Schrillen zu gestalten wären. Ein Lehrstück zum Unterschied von "die Partie beherrschen" und "von einer Partie beherrscht werden".

Stephen Gould ist zu danken, als Kaiser für Andreas Schager eingesprungen zu sein; Mihoko Fujimura (als Amme) für solide Durchschlagskraft. In dieser Disziplin blieb jedoch Nina Stemme unschlagbar – als Gattin von Barak, den Tomasz Konieczny recht kultiviert gab. (Ljubisa Tosic,11.10.2019)