Die Debatte in der SPÖ ist nun glücklich beim Oldtimer-Porsche angelangt, mit dem Thomas Drozda sein Geschäftsführerbüro ausgeräumt hat. Das wirft man ihm in der Partei anonym vor, statt froh zu sein, dass er nach verlorener Wahl konsequent zurückgetreten ist. Drozda kann von Glück sagen, dass er nicht, wie in der blau gefärbten Nationalbank üblich, vom Sicherheitspersonal hinausbegleitet wurde.

Drozda gehört zur "Bobo"-SPÖ, also zu jenen "bourgeoisen Bohemiens", die beruflichen Erfolg durchaus mit coolem Lebensstil verbinden. Das sind gar nicht so wenige im bisherigen Elektorat der Sozialdemokratie. Ein Merkmal dieser Bewegung war ja, dass sie Aufsteiger produziert hat, denen eine gewisse Intellektualität, eine gewisse Kulturaffinität und eine starke Aversion gegen reaktionäres oder rechtsextremes Denken wichtig ist.

Die Rückkehr zu den "proletarischen" Wurzeln der SPÖ ist angesagt.
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Manche glauben, dass deswegen die "Hackler" verlorengegangen sind, aber das hat andere Ursachen. Trotzdem ist jetzt die Rückkehr zu den "proletarischen" Wurzeln der SPÖ angesagt, wobei aber die Gefahr besteht, dass es nur eine Rückkehr zu grauen Das-werden-die-Gremien-entscheiden-Funktionären wird.

Wie will man die Hackler von der FPÖ (und seit dem 29. 9. auch von der Kurz-Partei) zurückbekommen? Vermutlich ist die Frage so falsch gestellt. Der steirische SPÖ-Politiker Max Lercher, vorher kurz Parteimanager, ist im Österreich-Teil der "Zeit" interviewt worden und hat ein paar interessante Antworten gegeben. Zur "neuen Arbeiterklasse" zähle nach seiner Aussage "jeder Erwerbstätige", vor allem jene, "die aufgrund des Systems nicht gerecht am Wohlstand partizipieren. Dazu gehören auch Klein- und Mittelbetriebe".

Trend zur Teilzeit

Tatsächlich gibt es rund 350.000 Einpersonenunternehmen (EPUs) in Österreich, und die wurden bisher von der SPÖ völlig vernachlässigt, wenn nicht feindselig betrachtet. Tatsächlich werden die klassischen Industriearbeitsplätze weniger, sind die klassischen Hackler am Bau usw. oft Migranten, die nicht wählen dürfen. Wenn sich die SPÖ, so wie Lercher es empfiehlt, auf alle konzentriert, die am Wohlstandszuwachs der letzten Jahrzehnte nicht oder zu wenig teilnehmen konnten, hat sie ein Thema. Dass die Einkommen seit 2010 real stagnieren, liegt nach Meinung des Thinktanks Agenda Austria hauptsächlich am massiven Trend zur Teilzeit. Aber auch daran, dass sich der Staat zu viel von den Einkommen holt.

Allerdings hat Lercher teilweise populistische Lösungsansätze. Den Arbeitsmarkt für Zuwanderer "erst dann zu öffnen, wenn wir keine Arbeitslosigkeit haben", ist irreal. Bestimmte Berufe wie Krankenhauspersonal, Altenpfleger, Straßenbau sind ohne Zuwanderer nicht denkbar, weil die "echten Österreicher" diese Jobs kaum mehr machen.

Aber wenn man fragt, wozu es die SPÖ geben soll, dann einerseits wohl deswegen: um dafür zu sorgen, dass Lohnabhängige und kleine Selbstständige nicht unter die Räder kommen. Aber andererseits wohl auch, dass die neue, liberal denkende Bildungsschicht eine starke Vertretung hat. (Hans Rauscher, 11.10.2019)