Bürgerinitiativen gegen Schwangerschaftsabbrüche als langer Arm konservativer Parteipolitik.

Foto: Helmut Mitter

Die 1975 beschlossene Regelung zum Schwangerschaftsabbruch war ein Wendepunkt für Frauen, der ihnen ein selbstbestimmteres und sichereres Leben brachte. Die ÖVP war damals dagegen, die FPÖ auch. Und bis heute ist ihre Haltung gegenüber der Fristenregelung distanziert – offiziell aber akzeptiert. Inoffiziell ist für diese Parteien die Beschränkung des Zugangs auf Abtreibung aber durchaus ein Betätigungsfeld.

Politiker und Politikerinnen wie Gudrun Kugler (ÖVP), Norbert Sieber (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) unterschreiben Bürgerinitiativen, die die Fristenregelung in Frage stellen. Kugler und Sieber sprachen letztes Jahr vor Abtreibungsgegnern beim "Marsch fürs Leben", der am Samstag wieder durch Wien gezogen ist. Kugler war wieder dabei, allerdings "nur" privat.

Politiker, die sich in "Lebensschützer"-Kreisen bewegen, sind europaweit fixer Bestandteil konservativer und rechter Parteien. Auf politischer Ebene gibt es von ihnen nur weichgespülte Forderungen wie "mehr Unterstützung für Schwangere", während man den schärferen Ton Bürgerinitiativen überlässt. In diesen wird aus der "Unterstützung" eine verpflichtende Nachdenkpause für Frauen, bevor sie einen Abbruch vornehmen lassen. Es ist hinterlistig, wie sich konservative Politiker und die katholische Kirche hinter den Stimmen der Bürgerinnen und Bürger verstecken, denen sie selbst vorbeten, wie moralisch verkommen Abtreibung sei. Ihr Ziel ist kein geringeres, als die Macht über den Köper von Frauen zurückzugewinnen.

Naivität macht blind

Gefährlich ist dieses versteckte Spiel auch deshalb, weil sich immer weniger Menschen an das Elend und die Lebensgefahr erinnern, die ungewollt Schwangere früher erlebten. Das Bewusstsein vieler Junger, dass wir "inzwischen eh gleichberechtigt sind", wird von diesem Wissen verdrängt. Das zeigte ein junger Mann erst kürzlich eindrücklich. Bei einer TV-Debatte im Nationalratswahlkampf wurde Sebastian Kurz wie alle SpitzenkandidatInnen gefragt, ob er sich als Feminist versteht. Nach einigem Hin und Her bejahte er widerwillig. Kurz wirkte überrascht von der Frage, so als gäbe es nur wenige Dinge, über die er sich noch weniger Gedanken gemacht hätte. Damit ist er unter jungen Konservativen nicht allein.

Diese Naivität macht blind für die vielen Hintertüren, durch die immer wieder versucht wird, das Recht auf Selbstbestimmung zu beschneiden. Eine Naivität, die in Kombination mit der eifrigen Zusammenarbeit konservativer und rechter Politiker mit radikalen Abtreibungsgegnern bedrohlich ist. (Beate Hausbichler, 13.10.2019)