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Kleiner Nachklapp zum Nobelpreisträger Peter Handke. Viele waren begeistert. Andere waren konsterniert wegen Handkes Haltung zu Milosevic, wieder andere sahen es noch grundsätzlicher. So verhängte etwa eine Kommentatorin der "SZ" über das Nobelpreiskomitee das Urteil "sehr enger Horizont", weil die Juroren Repräsentanten der "afrikanischen, karibischen und asiatischen Literaturen" leer ausgehen ließen. Wenn europäische Kleinkariertheit irgendwo ihre Heimstätte hat, dann in Stockholm.

Bornierte Idioten und höchstqualifizierte Leser

Dem könnte man entgegenhalten, dass das Nobelpreiskomitee keine Globalisierungsagentur ist und, weiter, die Wertschätzung nichteuropäischer Literatur keineswegs per se einen weiten Horizont verbürgt. Es gibt bornierte Idioten, die ihren Murakami oder ihre Atwood draufhaben, und höchstqualifizierte Leser, die in ihrem Leben wenig anderes gelesen haben als Bücher einer Autorin aus dem nächstgelegenen Kaff.

Hauptrolle Freiheit

Die Denkfigur "Preis für europäischen Autor: pfui, weil kleinkariert!" beruht auf dem politisch korrekten Aberglauben, man könne mithilfe einer Mixtur aus bürokratischen Vorschreibungen, der Zuneigung zur karibischen Literatur und dem "Herzklopfen um das Wohl der Menschheit" (Hegel) die Welt zu einer besseren machen. Die Forderung "Gerechtigkeit per Quote" erhebt ihr sonderbares Haupt. Das ist nirgendwo penibler als dort, wo, wie in der Literatur, Freiheit eine Hauptrolle beansprucht. (win, 14.10.2019)