Detail aus der "Hohlkopfwand" von Hans Kupelwieser im Regierungsviertel von St. Pölten

Foto: Christian Fischer

Die folgenden Daten stammen aus der Wahltagsbefragung des ORF zur Nationalratswahl 2019. Diese hat die Wahlberechtigten um deren Zustimmung oder Ablehnung unter anderem zu der Aussage gebeten: "Die Demokratie mag Probleme mit sich bringen, sie ist aber besser als jede andere Regierungsform."

63 Prozent stimmten hier sehr zu, weitere 29 Prozent ziemlich, fünf Prozent wenig und ein Prozent gar nicht. Ein weiteres Prozent machte keine Angabe.

Wie oft bei solchen Ergebnissen ist die erste Frage: Ist das viel oder wenig? Dafür braucht man Vergleichsgrößen, die im konkreten Fall gut greifbar sind. Bei den Nationalratswahlen 2017 und 2013 wurde dieselbe Aussage mit derselben Methode erhoben.

Im Zeitvergleich ist der Wert 2019 tatsächlich vergleichsweise niedrig. 2013 stimmten noch 81 Prozent der Aussage sehr zu, 2017 bereits nur mehr 72 Prozent. Nun also 63 Prozent. Damit hat die deutliche Zustimmung messbar abgenommen.

Das Wort "deutlich" ist ein wichtiges Detail, denn der Anteil jener, die die Aussage und damit die Demokratie ablehnen, ist konstant gering. Gewachsen ist demgegenüber vor allem die Gruppe der Wahlberechtigten, die das Thema mit einem gewissen Vorbehalt sehen (also: "ziemlich zustimmen").

Die Rolle der formalen Bildung

Kommen wir zur zweiten Frage: Gilt der Befund für die gesamte wahlberechtigte Bevölkerung, oder sind bestimmte Personen besonders kritisch? Unterscheidet man zunächst anhand von Geschlecht und Alter, dann finden sich kaum Abweichungen. Anders ist das, wenn man Wählerinnen und Wähler und Nichtwählerinnen und Nichtwähler einander gegenüberstellt. Erstere stimmen zu 65 Prozent, letztere nur zu 56 Prozent sehr zu. Diese Skepsis schlägt sich wohl zumindest teilweise auch in der Wahlenthaltung nieder.

Eine wichtige Rolle spielt die formale Bildung. Man kann nicht oft genug betonen, dass dieser Punkt nichts mit Intelligenz zu tun hat, sondern sich darunter verschiedene Faktoren – Dauer der Bildungslaufbahn, ausgeübte Berufe, Chancen am Arbeitsmarkt etc. – sammeln. Personen mit einer solchen formal niedrigen Bildung zweifeln häufiger an der Demokratie als jene mit formal hoher Bildung. Der Unterschied beträgt mehr als 20 Prozentpunkte. Teils drastische Schwankungen gibt es zudem nach Parteinähe, mit einer Spannbreite von 27 Prozent "stimme sehr zu" bei FPÖ-Wählerinnen bis 87 Prozent bei Grün-Anhängerinnen und -Anhängern.

Bleibt als dritte Frage: Was heißt das jetzt? Ist das ein isoliertes Ergebnis oder steht es stellvertretend für generelle demokratiekritische Tendenzen? Allein aufgrund dieser Zahlen ist das nicht zu sagen, man kann aber anhand weiterer Aussagen versuchen, ein ungefähres Bild zu zeichnen.

Die Haltung gegenüber Medien

Dazu bilden wir zunächst zwei Gruppen – einmal jene, die der Demokratie-Aussage sehr zustimmen, und einmal jene, die ihr ziemlich zustimmen. Die anderen beiden, sehr kleinen Antwortkategorien lassen wir außen vor, da die Fallzahlen zu gering sind. Dann vergleichen wir die Antworten zwischen den zwei Gruppen auf folgende Fragen: Ist das im Ibiza-Video Gezeigte typisch für österreichische Parteien? Und wie wichtig ist es, dass Medien solche Sachverhalte aufklären, wenn nötig auch unter Einsatz fragwürdiger Quellen?

Die Gegenüberstellung zeigt, dass eine eingeschränkte Zustimmung zur Demokratie einhergeht mit anderen negativen Haltungen beispielsweise den Parteien und den Medien gegenüber. So halten 58 Prozent der Personen, die der Demokratie als bester Regierungsform sehr zustimmen, Aufdeckungen durch Medien für demokratiepolitisch sehr wichtig. Jene, die der Demokratie ziemlich zustimmen, teilen diese Ansicht nur zu 27 Prozent sehr. (Flooh Perlot 14.10.2019)