Beim Thema Ernährung geht es heute schon lange nicht mehr nur darum, gesund und ausgewogen zu essen. Es wird auch immer wichtiger, dabei unseren Planeten zu schonen, sparsam mit den Ressourcen umzugehen und für die Folgegenerationen Sorge zu tragen. Doch auch wenn man als Konsument nachhaltig einkaufen möchte, ist dies teilweise schwierig. Oft fehlen wichtige Informationen, um vor den Supermarktregalen bewusst zu umweltschonenden Produkten greifen zu können.

Ein Speiseplan für die Welt zur Rettung unseres Planeten

Die Wissenschaft beschäftigt sich aktuell sehr intensiv mit den Umweltaspekten unserer Lebensmittel, und laufend werden Studien zu dieser Thematik veröffentlicht. In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff "Ökobilanz" genannt – auch als Lebenszyklusanalyse oder LCA (für Life Cycle Assessment) bekannt. Darunter versteht man die potentiellen Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt, und zwar während seines gesamten Lebensweges, von der Herstellung und Nutzung bis zur Beseitigung. Bei der zentralen Frage, wie wir uns gleichzeitig gesund und nachhaltig ernähren können, wird häufig die EAT-Studie zitiert¹. Darin haben Wissenschafter einen Ernährungsplan vorgeschlagen, der sowohl die Gesundheit unterstützen als auch die Ressourcen der Erde schonen soll. Demnach sollten wir alle schleunigst unsere Ernährung umstellen, um unseren Planeten zu retten. Dafür sollten wir um die Hälfte weniger Fleisch und Zucker, dafür aber doppelt so viel Obst und Gemüse essen, und den Eiweißbedarf auch mit Hülsenfrüchten und Nüssen abdecken.

Einfluss unserer Ernährung auf die Umwelt

Wie beeinflusst die Art und Weise, wie wir uns ernähren, den Klimawandel, die Artenvielfalt und unsere Wasserressourcen? Werden sogenannte Treibhausgase in hohen Konzentrationen emittiert, kann Wärme von der Erde schlechter ins Weltall entweichen, und es kommt in weiterer Folge zu einem Temperaturanstieg auf unserem Planeten. Vor allem Kohlendioxid (CO2) ist hier als einer der Hauptverursacher bekannt, aber auch andere Gase wie beispielsweise Methan oder Lachgas spielen dabei eine wichtige Rolle. Hauptverursacher der Treibhausgase sind die Landwirtschaft sowie die Energie- und Wärmegewinnung und der Verkehr, wobei der Anteil der Landwirtschaft an den Klimagasen bis zu 30 Prozent beträgt. Methangas ist 25 Mal klimawirksamer als CO2 und entsteht unter anderem beim Verdauungsprozess von Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen). Lachgas wird zwar nur in geringen Mengen emittiert, beispielsweise durch die Stickstoffdüngung oder die Massentierhaltung, es ist aber 298 Mal klimawirksamer als CO2.² Kohlendioxid entsteht bei der Produktion von Düngemitteln und Kraftstoffen sowie der Verarbeitung und dem Transport der Lebensmittel, aber auch durch die Rodung von Naturflächen. Die Landwirtschaft könnte hier allerdings gezielt Gegenmaßnahmen treffen und beispielsweise durch Aufforstung oder Anpflanzung von Bodenbedeckern den negativen Effekt kompensieren.¹

Alleine weniger Fleisch essen würde dem Klima helfen.
Foto: REUTERS/Jorge Cabrera

Am gravierendsten beeinflusst die Lebensmittelerzeugung den Verlust der Biodiversität (Artenvielfalt). Natürliche Ökosysteme werden beispielsweise durch Abholzung zerstört, um neuen Raum für Plantagen, Felder oder Weiden zu schaffen. Auch Monokulturen mit großflächigem Pestizid- und Herbizid-Einsatz lassen keinen Lebensraum für Tiere und Platz für Wildpflanzeninseln. Die Zerstörung von Uferregionen durch nicht nachhaltige Aquakulturen sowie die Überfischung der Meere tragen ebenfalls zum Schwinden der Artenvielfalt bei.¹ ³

Wasser ist ein kostbares Gut und wird auf unserem Planeten schön langsam knapp. Wissenschaftler warnen bereits vor einer Wasserkrise in naher Zukunft.⁴ Etwa 70 Prozent des weltweiten Süßwasservorkommens werden von der Lebensmittelproduktion in Form von Bewässerung von Pflanzen, Tränkung von Tieren und Verarbeitung von Lebensmitteln verbraucht. Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen der Nutzung von Süßwasser aus Gewässern oder Grundwasser und der Nutzung von natürlichem Niederschlag. Maßnahmen zur Verringerung der Verdunstung aus Böden und wassersparende Bewässerungsmethoden verringern den Wasserverbrauch, aber derzeit überwiegt noch der Raubbau an den Wasserressourcen. Durch massiven Dünger- und Pestizideinsatz in einigen Regionen ist die Landwirtschaft außerdem wesentlich für die Wasserverschmutzung mitverantwortlich.³ Was vielen Konsumenten vielleicht gar nicht bewusst ist: Die Produktion von Fleisch benötigt enorme Mengen an Wasser. Für ein Kilo Rindfleisch werden beispielswiese rund 16.000 Liter Wasser verbraucht – für ein Kilo Tomaten dagegen "nur" rund 180 Liter.

Die Ökobilanz von Lebensmitteln

Aktuell gibt es zahlreiche Initiativen, um für Lebensmittel nicht nur einen CO2-Fußabdruck, sondern auch eine Ökobilanz erstellen zu können. Dies ist allerdings ein schwieriges Unterfangen, da neben dem Einfluss auf Klima, Artenvielfalt und Wasserverbrauch auch noch weitere Faktoren berücksichtigt werden müssen: Die Produktion von Phosphaten und Nitraten (Dünger), Pestiziden und Herbiziden sowie die Auswirkungen des Einsatzes von Landwirtschafts-Maschinen müssen mit einbezogen werden. Auch die Verarbeitung der Lebensmittel, wie zum Beispiel das Mahlen des Getreides oder das Rösten des Kaffees, sowie deren Transport und Lagerung kommen noch dazu. Die Qualität der Böden beziehungsweise deren Verminderung durch Übernutzung spielen ebenfalls eine Rolle. Bei Weidevieh muss erhoben werden, ob es nur auf für den Ackerbau ungeeigneten Böden gehalten wird oder nicht. Bei Stallvieh kommt es auch darauf an, ob die entstehenden Methangase in Biogasanlagen verwertet oder nur emittiert werden. Bei allen Nutztieren muss deren Ernährung miteinbezogen werden – wobei keine der Studien das Wohl der Tiere mitberücksichtigt.

Langfristiges Ziel aktueller Bemühungen ist es, im Nahrungsmittelsektor Transparenz zu schaffen. Es soll ein Indikator entwickelt werden, der die ökologischen Auswirkungen von Produkten aufzeigt. So sollen beispielsweise Konsumenten zukünftig erkennen können, dass die Dosentomaten im Regal zwar in Italien geerntet, danach jedoch nach China verschifft und in Dosen verpackt wurden, um anschließend nach einer langen Rückreise wieder in Europa zu landen.

Ungleichgewicht der Nahrungsverteilung

In vielen Studien wird das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum als Bedrohung für unsere Umwelt angeführt. Die Weltbevölkerung umfasst momentan rund 7,7 Milliarden Menschen und wächst stetig. Was die Ernährung betrifft, herrscht auf unserem Planeten eine große Ungleichheit: Weltweit sind etwa 820 Millionen Menschen unterernährt, und etwa zwei Milliarden sind nicht ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt. Umgekehrt verbrauchen Menschen in den reichen Ländern und zunehmend auch in den sogenannten Schwellenländern zu viel: Wenn alleine dieser Teil der Weltbevölkerung durchschnittlich nicht mehr als 2.200 (wie von der WHO empfohlen) bis maximal 2.500 Kilokalorien pro Tag konsumieren würde, dann würde das bereits zu einer deutlichen Reduktion der Umweltbelastung beitragen. Zugleich wäre diese Einschränkung auch gut gegen Übergewicht und damit verbundene Krankheiten. Sehr wichtig ist auch, wie die vielen Lebensmittelabfälle verringert werden können.¹ ² Hier gibt es aktuell schon viele Initiativen, die der Essensverschwendung entgegenwirken.

Sind österreichische Glashaustomaten besser als spanische?
Foto: APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI

Auslagerung von Umweltschäden

Fast jeder Kauf eines Nahrungsmittels beeinflusst indirekt die Umwelt in anderen, meist fernen Ländern. Diese indirekte Verantwortung der Konsumenten für globale Umweltauswirkungen nennen Forscher "Telekonnektion". Es sollte zu denken geben, dass Europa und Nordamerika 90 Prozent der Umweltschäden, die durch ihren Nahrungsmittel-Konsum entstehen, in andere Weltregionen, besonders in tropische Regionen, ausgelagert haben.⁵

Beim Konsum von Fleisch und Milchprodukten verhält es sich so, dass Rinder und Kühe generell eine schlechte Umweltbilanz haben, auch bei Biolandwirtschaft. Sie dienen uns nicht nur als Fleisch-, sondern auch als Milchproduzenten. Hochleistungskühe benötigen große Mengen an importiertem Kraftfutter wie Soja oder Getreide, um eine hohe Milchleistung zu erbringen. Würden wir robustere Rinder halten und artgerecht mit Gras beziehungsweise Heu füttern, dann würden Milch und Milchprodukte nur in wesentlich geringeren Mengen produziert werden können. Beim Fleisch ist es ähnlich: Auch wenn es von heimischen Tieren stammt, wird das Futter überwiegend importiert und somit die damit verbundene Umweltbelastung ausgelagert.  Eine Reduktion unseres Fleisch- und Milchkonsums könnte daher wesentlich zur Entlastung der Umwelt beitragen. Bei Milchprodukten sind vor allem Butter und andere Produkte mit hohem Fettanteil besonders umweltschädigend, magere dagegen deutlich weniger. Geflügel- und Schweinefleisch haben zwar eine deutlich bessere Ökobilanz als Rind- oder Lammfleisch, aber immer noch eine sehr viel schlechtere als pflanzliche Erzeugnisse.

Da viele Obst- und Gemüsesorten einen hohen Wasserbedarf haben, können auch diese ein Beispiel für negative Telekonnektion sein. In wasserreichen Ländern stellt der Wasserverbrauch kein großes Problem dar, sehr wohl aber in heißen und trockenen Ländern. Das betrifft nicht nur weit entfernte Länder, auch Südeuropa hat hier bereits große Probleme.

Nachhaltige Ernährung schwer gemacht

Es gibt einige Schritte, die Konsumenten leicht unternehmen können, um mit ihrer Ernährungsweise die Umwelt zu schonen. So ist beispielsweise der Kauf von frischen, regionalen, saisonalen und möglichst unverarbeiteten Produkten ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit. Aber danach wird es schwierig. Bei der Umweltbelastung durch Essen spielen so viele komplexe Dinge eine Rolle, dass Konsumenten trotz gutem Willen oft nicht zu klimaschonenden Produkten greifen, weil sie dahingehend einfach zu wenig informiert werden.

Was ist beispielsweise nachhaltiger, wenn eine Versorgung mit Obst und Gemüse aus lokaler Produktion nicht möglich ist? Der Import von Frischobst aus südlichen Ländern, der lokale Anbau in geheizten Glashäusern oder Tiefkühlware? Prinzipiell müsste man folgende Faktoren überprüfen, um hier eine klare Aussage machen und entsprechende Empfehlungen abgeben zu können: Die Transportwege, die Anbaubedingungen im Herkunftsland, den Energieverbrauch im Glashaus – inklusive der Frage, ob hier erneuerbare Energie verwendet wurde oder nicht – sowie den Stromverbrauch der Kühlkette.

Und wie sieht es beim Einkauf von Äpfeln aus? Lokale Äpfel, die in Kühlhäusern gelagert werden, haben im Frühjahr ihren Nachhaltigkeits-Bonus eingebüßt, frische Äpfel aus Chile oder Neuseeland sind nun vom Klimaaspekt her günstiger als die einheimische Lagerware. Tiefkühlgemüse hat zwar in etwa eine doppelt so hohe Klimabilanz wie Frischgemüse, kann aber andererseits je nach Konsumgewohnheiten die Lebensmittelverschwendung drastisch reduzieren, weil nicht die Hälfte des Frischgemüses im Kühlschrank der Konsumenten vergammelt. Der Transportweg von Frischware alleine mag vielleicht weniger CO2 kosten als der Anbau im Glashaus, der Raubbau an Wasserressourcen im Herkunftsland wurde aber nicht berücksichtigt.

Oft bedarf es vieler Wissenschafter, um klare Aussagen treffen zu können, und für Konsumenten wird es kompliziert. Es gibt schon einige vergleichende Berechnungen zur Ökobilanz unserer Ernährung, allerdings wird dabei fast immer nur der Effekt auf die Klimaerwärmung ermittelt, und es werden keine weiteren Daten berücksichtigt. Den Konsumenten bleibt hier eine allgemeine Verunsicherung. Immerhin gibt es hier schon einige, wenn auch wenige Initiativen, die sich dieser Problematik annehmen und eine bessere Information der Konsumenten zum Ziel haben – eine spannende, aber sicher nicht ganz einfache Aufgabe.

Fazit

Viele Konsumenten wollen sich heute sowohl gesund als auch nachhaltig ernähren. Eine deutliche Einschränkung unseres Fleisch- und Milchproduktkonsums und eine geringere Gesamtkalorienzufuhr können hier einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten. Nicht zu viel einzukaufen und keine Lebensmittel verderben zu lassen, schont unseren Planeten ebenso wie der gelegentliche bewusste Verzicht auf unnötige Lebensmittel wie Süßigkeiten, Knabbereien oder alkoholische Getränke. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte auch hinterfragt werden, woher Produkte kommen und unter welchen Umständen sie erzeugt wurden, und zwar nicht nur beim Einkauf, sondern auch beim Essen außer Haus. In Zukunft wird es für Konsumenten hoffentlich leichter sein, im Supermarkt umweltbewusst einzukaufen, denn aktuell wird in vielen Ländern an konkreten Indikatoren zur Ökobilanz von Lebensmitteln gearbeitet. (Isolde Jansen, 21.10.2019)

Isolde Jansen ist Kulturwissenschafterin und seit vielen Jahren bei Open Science tätig. Sie ist eine der Bloggerinnen, die als "bESSERwisser" die Beiträge für den Hungry-for-Science-Blog von Open Science verfassen.

Mehr Beiträge finden Sie auf hungryforscience.at.

Quellen

¹ Willett W., Rockström J., Loken B. et al.: Food in the Anthropocene: the EAT–Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. Lancet. 2019 Feb 2;393(10170):447-492.

² Treibhausgase (Deutsches Umweltbundesamt)

³ Ridoutt B.G., Hendrie G. A., Noakes M. Dietary Strategies to Reduce Environmental Impact: A Critical Review of the Evidence Base. Advances in Nutrition, Volume 8, Issue 6, 1 November 2017, Pages 933–946

⁴ Die Wasserkrisen der Zukunft (WWF)

⁵ Marques, A., Martins, I.S., Kastner, T. et.al: Increasing Impacts of land use on biodiversity and carbon sequestration driven by population and economic growth. Nature Ecology & Evolution (2019).

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