In der italienischen Version des Europagesetzes wurde "Alto Adige" mit dem Begriff "Provincia di Bolzano" ersetzt.

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Bozen/Rom – Die italienische Regierung droht mit der Anfechtung des sogenannten Europagesetzes, einer Reihe von Bestimmungen zur Erfüllung der Verpflichtungen der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol, die sich aus der Zugehörigkeit Italiens zur EU ergeben. Der Grund: In der italienischen Version des Gesetzes wurde "Alto Adige" mit dem Begriff "Provincia di Bolzano" ersetzt.

Die Empörung in Rom ist groß. "Ich habe persönlich den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher aufgerufen einzugreifen. Die italienische und die deutsche Version des Textes müssen vollkommen identisch sein und die Verfassung respektieren. Sollte der deutsche Text nicht geändert werden, wird das Gesetz angefochten", warnte der italienische Regionenminister Francesco Boccia laut Medienangaben.

Auch die in Südtirol gewählte Parlamentarierin der Regierungspartei Italia Viva, Maria Elena Boschi, bezeichnete die Streichung des Begriffes "Alto Adige" als "gravierenden Fehler". "Es wäre unverzeihlich, wenn man jahrelange Arbeit der italienischen, deutschsprachigen und ladinischen Bevölkerung zum gemeinsamen Wachstum streichen würde", so Boschi. Die Fünf-Sterne-Bewegung beklagte, dass im Südtiroler Landtag das Hauptthema immer ethnische Fragen seien. "Damit lenkt man die Aufmerksamkeit von anderen Themen ab", protestierte Diego Nicolini, Südtiroler Sprecher der Fünf Sterne.

Provokation nicht beabsichtigt

Der Landtag hatte am Freitag das Europagesetz mit 24 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme verabschiedet. Fünf Abgeordnete hatten sich der Stimme enthalten. Kompatscher hatte betont, dass in der Verfassung die Begriff Trentino Alto Adige / Südtirol und "Autonome Provinz Bozen" verankert seien. Er bevorzuge jedoch den Begriff Südtirol. SVP-Obmann Philipp Achammer versicherte, dass eine Provokation nicht Absicht seiner Partei gewesen sei. Auch die SVP-Senatorin Julia Unterberger bezeichnete die Streichung des Begriffs "Alto Adige" als "Fehler".

Die Initiative zur Ersetzung des Begriffs "Alto Adige" in der italienischen Version des Gesetzestextes ist auf die Süd-Tiroler Freiheit zurückzuführen. SVP und Freiheitliche unterstützten die Initiative. Die Lega war anfangs für die Streichung des Begriffs "Alto Adige", stemmte sich jedoch dann dagegen.

Alessandro Urzí, Landtagsabgeordneter von "L'Alto Adige nel cuore / Fratelli d'Italia" sprach von einer "antiitalienischen Sprachsäuberung". Damit wolle man die Identität der italienischen Gemeinschaft in Südtirol vernichten. "Der Beschluss, 'Alto Adige' zu streichen, ist ein Affront für die Italiener, die sich mit Recht als Bürger des Alto Adige fühlen", so Urzí. "Wir werden die Regierung zur sofortigen Anfechtung dieses schändlichen Gesetzes auffordern, das ein Affront gegenüber unserer Geschichte und unserer Verfassung ist", so der Fraktionschef der Partei in der italienischen Abgeordnetenkammer, Francesco Lollobrigida.

Messner zeigt Verständnis

Bergsteigerlegende Reinhold Messner zeigte Verständnis für den Beschluss: "Ich bin Südtiroler und nicht Einwohner des Alto Adige, sehr einfach. Ich bin Europäer, Weltbürger und Südtiroler. Man kann jedoch nicht verbieten, dass sich jemand als Einwohner des Alto Adige fühlt. Unsere Heimat heißt aber Südtirol und nicht Alto Adige, ein Begriff, den (Ex-Regierungschef) Alcide De Gasperi vor vielen Jahren eingeführt hat", so Messner.

Anders sieht das die prominente Südtiroler Autorin Sabine Gruber: "Sind das die Probleme dieses Landes? Ich bin gebürtige Südtirolerin e sono nata in Alto Adige. Basta," schrieb sie auf Facebook. (APA, 14.10.2019)