Ab Dienstag werden Markus Wallner (links) und Johannes Rauch verhandeln.

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Bregenz – 105.630 Wahlberechtigte sind am Sonntag bei der Landtagswahl in Vorarlberg nicht wählen gegangen. Die Appelle von Landeshauptmann Markus Wallner (VP) hatten wenig Gehör gefunden, die Wahlbeteiligung sank von 64 auf 61 Prozent. Das erklärte Wahlforscher Christoph Hofinger im STANDARD-Chat am Montag mit der Wahlabstinenz vieler FPÖ-Anhänger. Jeder Vierte von ihnen sei zu den Nichtwählern abgewandert.

Im internationalen Vergleich sei die Wahlbeteiligung in Österreich hoch, Beteiligungen um die 60 Prozent seien kein Alarmzeichen, sagt Florian Oberhuber vom Meinungsforschungsinstitut Sora. Ähnlich sieht das Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle: "Man könnte sagen, der fehlende Antrieb, wählen zu gehen, ist ein Zeichen von relativ hoher Zufriedenheit." Gefährlich für die Demokratie wäre ein hoher Nichtwähleranteil dann, wenn Menschen durch fehlende Ressourcen wie Bildung, Einkommen und Zeit an der Teilhabe gehindert würden.

Ein weiterer Grund, nicht zur Wahl zu gehen, ist das fehlende Angebot wählbarer Parteien. "Dieses Argument war in Vorarlberg bei zwölf Listen sicher nicht zutreffend", sagt Stainer-Hämmerle. Außer den fünf Landtagsparteien traten sieben weitere Listen an. Von christlich-fundamentalistisch, muslimisch-national über Mitte-rechts bis ganz links reichte das Spektrum.

Kleinparteien mit kleinen Erfolgen

Am erfolgreichsten unter den Kleinparteien war mit 3.052 Stimmen beziehungsweise 1,9 Prozent die "Heimat aller Kulturen" (HAK). Parteigründer Murat Durdu, der den rechten Grauen Wölfen nahestehen soll, hatte auf die türkischstämmigen Vorarlberger gezählt – sie hatten die Gruppierung ja bereits in die Arbeiterkammer gewählt. Seine Gruppierung schaffte die Fünf-Prozent-Hürde aber nicht.

Durdu will dennoch weitermachen, künftig aber auch Menschen aus anderen Herkunftsstaaten ansprechen. Ein schwieriges Unterfangen, meint Stainer-Hämmerle. "Wie will man rechte Nationalisten und Kurden zusammenbringen?" Schließlich sei die migrantische Bevölkerungsgruppe keine homogene. Zudem sei ein großer Teil der migrantischen Bevölkerung nicht wahlberechtigt.

"Xi", die zweitstärkste Neupartei, sprach 2.442 oder 1,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler an. Genug für Initiator Chris Alge, um sich auch künftig politisch zu betätigen. Der Drang, mit einer eigenen Partei anzutreten, ist für Stainer-Hämmerle ein Zeichen für "das Vorarlberger Eigenständige – auch gegenüber Parteien".

Konrad Steuer vom linken Wandel sieht, obwohl er mit 1.447 Stimmen knapp unter einem Prozent blieb, kritisches Potenzial in Vorarlberg. Stainer-Hämmerle winkt ab: "Für eine linke Partei ist Vorarlberg zu konservativ."

Nun wird sondiert

Wie geht es nach der Wahl im Vorarlberger Landhaus weiter? "Sehr rasch" will Wallner dem Landtag eine neue Landesregierung vorschlagen. 2014 hatte man zehn Tage für die Regierungsbildung gebraucht.

Am Montag wurde in den Parteivorständen diskutiert, am Dienstag beginnen Sondierungsgespräche der Volkspartei mit allen Parteien, dann wird konkret verhandelt.

An einer Neuauflage von Schwarz-Grün zweifelt niemand. Beide Parteien haben am Sonntag je ein Mandat dazugewonnen. Die VP hat nun 17, die Grünen haben sieben Sitze.

Neu für die Grünen: Sie werden einen Sitz im Landtagspräsidium und einen im Bundesrat bekommen. Das Personalkarussell wird sich aber erst drehen, wenn die Regierungsmannschaft fixiert ist. (Jutta Berger, 14.10.2019)