Melanie Manchot thematisiert das Verhältnis zwischen Mensch und Natur, zwischen der Faszination für das Erhabene und der totalen technischen Organisation von Naturräumen.
Foto: Melanie Manchot

Man muss den Berg einschalten, damit er alle Stückln einer alpinen Erlebniswelt spielt. Es werden also Tasten und Hebel betätigt, Maschinen gestartet, Seilbahnkabinen in Position gebracht. Die Videoinstallation Switching On The Mountain zeigt die frühmorgendlichen Routinen eines Betriebssystems namens Wintersport. Der betont nüchterne Blick, den Melanie Manchot auf sie richtet, hat ebenfalls System: Tourismuskritik sei nicht ihr Anliegen, sagt die 1966 im deutschen Witten geborene Foto- und Videokünstlerin.

Keine Tourismuskritik, dennoch Brummen

Das kann man durchaus irritierend finden, denn wer die touristischen Infrastrukturen von Wintersportgebieten ins Visier nimmt, dem schreien von immer mehr Pisten und Seilbahnen durchpflügte Naturräume, Heere an Schneekanonen, Bettenburgen und bereits im Herbst von Kunstschneebändern überzogene Hänge die Kritik ja förmlich entgegen.

Doch bekanntlich dämpft Schnee die Geräusche. Und die Silhouette eines Bergdorfs hinter einem Vorhang aus dichtem Schneegestöber bedient auf den ersten Blick jenes romantische Sehnsuchtsbild, auf das auch Tourismusprospekte bauen. Allerdings schleichen sich über die Tonspur die Kulissenschieber ein: Man hört das Piepen und Brummen der Schneeräumfahrzeuge.

Start in der Schweiz

Das widersprüchliche Verhältnis zwischen Mensch und Natur, zwischen der Faszination für das Erhabene und der technischen Organisation von Naturräumen ist das Thema von Mountainworks, einer Werkgruppe, die in den Schweizer Alpen begann und zuletzt im Vorarlberger Montafon fortgesetzt wurde. Auch dort tut sich ein Spannungsfeld auf, in dem Manchot nicht nur als subtile Beobachterin unterwegs ist, sondern in das sie auch inszenierend eingreift. Von Räumfahr zeugen zur Seite geschobenen Schneebergen verleiht sie in ihren Fotografien eine auratische Wirkung, in Videos werden Bergbahnenmitarbeiter zu Laiendarstellern in theatralen Performances.

Lawinensprengung

"Schneemanagement" nennt es sich, wenn die Pistenraupen ausrücken. Das Gerät lässt sich aber auch anders einsetzen: In Sölden etwa wird der Berg zur Showbühne für das "Gletscherschauspiel Hannibal", bei dem Ratracs, Flugzeuge und Helikopter zum Einsatz kommen. Vor diesem Hintergrund betrachtet gerät Manchots ironiefrei choreografiertes Pistenraupenballett irgendwie zur Plattitüde. Eindrücklicher führt das in der Schweiz entstandene Video einer Lawinensprengung das Verhältnis zwischen Mensch und Natur vor. Der Soundtrack zu Mountainworks stammt übrigens von Christof Dienz. (Ivona Jelcic, 14.10.19)