Von links nach rechts: Erich Fenninger, Maria Berger, Hilde Dalik, Maria Katharina Moser, Ferry Maier.

Foto: #Fairlassen

Wien – Mehrere im Flüchtlingswesen engagierte Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um gegen die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) zu protestieren. Die staatliche Agentur soll ab 2020 die Asyl-Erstaufnahmezentren betreiben und ab 2021 auch die Rechts- und Rückkehrberatung für Asylwerber durchführen. Rechtsberatung durch NGOs soll es dann nicht mehr geben. Kritiker befürchten das Ende der unabhängigen Rechtsberatung. Man hoffe auf eine Rücknahme des Gesetzes, forderten Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser, Erich Fenninger von der Volkshilfe, Ex-Justizministerin Maria Berger und Ferry Maier am Montag in einer Pressekonferenz.

Im Mai 2019, kurz vor dem Bekanntwerden des Ibiza-Videos, hat die damalige Regierung unter Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) das Gesetz zur Einrichtung der BBU beschlossen. SPÖ, Neos und Liste Jetzt haben sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Es sei damit die bisher unabhängige Rechtsberatung für Asylwerber verstaatlicht worden, rief Diakonie-Direktorin Moser am Montag bei einer Pressekonferenz in Erinnerung. Am 1. Jänner soll die BBU ihre Arbeit aufnehmen, derzeit wird via Ausschreibung ein Geschäftsführer gesucht. "Bleibt das Gesetz unverändert, wird es ab 1. Jänner 2021 keine unabhängige Rechtsberatung mehr geben", heißt es in einer Aussendung der NGOs.

NGOs hoffen auf Umdenken durch neue Regierung

Nicht nur die Diakonie hofft auf ein Umdenken unter einer neuen Regierung. Unter dem Titel #Fairlassen haben sich unter anderem Caritas, SOS Mitmensch und Amnesty International zusammengeschlossen und appellieren an die Parteien, sich des Themas BBU bereits im Zuge der Koalitionsverhandlungen anzunehmen. Für Moser wäre eine Rechtsberatung unter Federführung des Innenministeriums so, "als würde Nestlé den Konsumentenschutz übernehmen".

Den Grundsatz eines fairen Verfahrens sieht auch Maria Berger, ehemalige Richterin am Europäischen Gerichtshof und österreichische Justizministerin (SPÖ), bedroht. "Bedingung für ein faires Gerichtsverfahren – egal welches – ist eine strikt unabhängige rechtliche Vertretung. Im Fall des Asylverfahrens würde ein Verstoß dagegen die europäische Grundrechtecharta verletzen", sagte Berger. Ein faires Verfahren für Asylsuchende könnten am besten "vom Staat möglichst unabhängige RechtsberaterInnen" gewährleisten.

Kickl verteidigt die Bundesbetreuungsagentur

Der frühere Innenminister und geschäftsführende FPÖ-Klubchef Herbert Kickl hat indessen die von ihm auf den Weg gebrachte Bundesagentur verteidigt. Die Forderung der NGOs nach deren Rücknahme sei "ein weiterer Schritt in Richtung asylpolitischer Ausverkauf der Interessen der österreichischen Bevölkerung", meinte er in einer Aussendung. Die Flüchtlingsbetreuung und Flüchtlingsberatung sei eine "hoheitliche Aufgabe", sagte Kickl. Die Rechtsberatung im Rahmen der BBU erfolge "unabhängig, weisungsfrei und objektiv".

Unterstützung für die NGO-Kampagne kommt aus der Kulturszene. Für die Schauspielerin Hilde Dalik ist das geplante Zutrittsverbot für die Zivilgesellschaft in Betreuungseinrichtungen "ziemlich ungeheuerlich und dreist". "Diese Unterstützung von Asylwerbern ist kein Luxus, sondern notwendig", stellte sie fest, die Übernahme durch eine Bundesagentur sei zudem eine "Lose-lose-Situation": Auch der Staat verliere dabei kostenlose Hilfe durch Organisationen. (red, APA, 14.10.2019)