Einsatzkräfte vor dem Tatort, an dem der Verdächtige einen 63-jährigen Bauern erstochen haben soll.

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Leopoldschlag – Nach der Messerattacke auf einen Flüchtlingsbetreuer in einer Asylunterkunft in Wullowitz (Gemeinde Leopoldschlag) in Oberösterreich schwebte der 32-Jährige Dienstagmorgen in akuter Lebensgefahr. Als Motiv des mutmaßlichen Täters, eines 33-jährigen afghanischen Asylwerbers, gab die Polizei "Differenzen bei der Vermittlung eines Arbeitsplatzes" mit dem Opfer an.

"Der Schock sitzt im ganzen Ort tief. Wir sind eine kleine Gemeinde, da kennt jeder jeden. Daher natürlich auch das Mordopfer", sagt Hubert Koller, ÖVP-Bürgermeister von Leopoldschlag, dem STANDARD. Probleme habe es mit der Flüchtlingseinrichtung eigentlich nie gegeben. Auch der mutmaßliche Täter sei nie auffällig gewesen: "Er hat mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in einer kleinen Wohnung im Ort gewohnt. Und gelegentlich im Bauhof ausgeholfen."

Für Koller ist jetzt aber eines klar: "Das Asylwerberheim muss umgehend geschlossen werden. Das ist nicht mehr zu halten, das krieg ich im Ort nicht mehr durch." Bereits Dienstagfrüh habe er diesbezüglich mit dem Roten Kreuz und dem zuständigen Integrationsbüro des Landes Kontakt aufgenommen. Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) sagte im Gespräch mit dem STANDARD Dienstagmittag, dass eine Schließung des Asylheims bereits fix sei. In der Unterkunft leben im Moment 20 Flüchtlinge.

Gewalt gegen seine Frau

Anschober hat noch ein weiteres brisantes Detail recherchiert: So soll der Afghane im Mai 2019 gegen seine Frau gewalttätig geworden sein, worauf er eine zweiwöchige Wegweisung ausgesprochen bekam. Trotz umfassender Unterstützung habe die Betroffene von einer Anzeige abgesehen und sei auch nicht übersiedelt, ergaben die Nachforschungen des Landesrats.

Laut Landespolizeidirektor Andreas Pilsl war der Täter bereits polizeibekannt.
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Streit um Job

Der Afghane war am Montag gegen 14.30 Uhr mit dem Fahrrad in die Asylunterkunft gekommen. Dort geriet er mit dem Betreuer wegen des Jobs in Streit. Laut Zeugen versuchte er daraufhin dem 32-Jährigen die Kehle durchzuschneiden. Andere Asylwerber zerrten ihn vorerst von seinem Opfer weg. Drei von ihnen wurden dabei leicht verletzt.

Der Angreifer konnte sich jedoch losreißen und stach dem Betreuer in die Brust. Anschließend flüchtete er mit einem gestohlenen Fahrrad. Mindestens zwei der zu Hilfe eilenden Asylwerber wurden ebenfalls verletzt. Der Betreuer wurde mit schwersten Verletzungen in die Linzer Uniklinik geflogen und dort notoperiert. Laut Auskunft des Klinikums bestand Dienstagfrüh akute Lebensgefahr.

Polizeisprecher David Furtner äußert sich im Video zum Vorfall
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Zwei Stunden nach der Attacke fanden Polizisten in einer geöffneten Garage eines Bauernhofs unweit des Tatortes die Leiche eines 63-jährigen Mannes. Er war laut Polizei mit einem Messerstich in die Brust getötet worden. Das Auto des Landwirts fehlte, beim Haus wurde ein Fahrrad mit Blutspuren gefunden. Daher gingen die Beamten davon aus, dass der Verdächtige mit dem Pkw seine Flucht fortgesetzt hatte.

Nach stundenlanger Fahndung wurde der Afghane schließlich in dem Auto im Stadtgebiet von Linz gesichtet und um 21.36 Uhr festgenommen. Er wurde in das Polizeianhaltezentrum Linz eingeliefert und soll am Dienstagnachmittag einvernommen werden. Bei einer ersten kurzen Befragung unmittelbar nach der Verhaftung habe er sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, erklärte ein Polizeisprecher.

Der Mann soll laut Polizei 2015 nach Österreich gekommen sein. Sein Asylantrag wurde 2018 abgewiesen. Er legte Beschwerde ein. Der Fall ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Der 33-Jährige ist heuer bereits zweimal von der Polizei angezeigt worden. Das erste Mal nach einer Rauferei mit Kursteilnehmern in einer Volkshochschule. Das zweite Mal nachdem er in Freistadt die Reifen des Fahrschulauto bei seiner Prüfung demoliert hatte. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass der Beschuldigte bei keinem Vorfall beeinträchtigt war – weder durch Suchtgift noch Alkohol. (APA, mro, red, 15.10.2019)