Eine Dolmetscherin zeigt mit ihren Fingern das Wort "regelmäßig". Gehörlosenverbandschef Grobbauer hofft, dass es vom ORF nicht die Regel wird, Gebärdendolmetschern nicht ins Bild zu lassen.

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Der österreichische Gehörlosenverband sieht sich durch das ORF-Landesstudio Salzburg diskriminiert. Bei einem Interview für einen Beitrag von "Salzburg Heute" mit dem Geschäftsführer des Gehörlosenverbandes und der Beratungsstelle für Gehörlose in Salzburg, Reinhard Grobbauer, durfte eine Dolmetscherin für Österreichische Gebärdensprache nicht ins Bild.

Konkret ging es in dem Bericht um das 20-jährige Bestehen der Gehörlosenambulanz Salzburg am 14. Oktober. Grobbauer, selbst gehörlos, sagt, er habe die Anfrage vom ORF unter einer Bedingung angenommen: "Ich wollte die vom Landeskrankenhaus gestellte Dolmetscherin für Gebärdensprache mit ins Kamerabild nehmen. So können wir Gehörlose dieses Thema, das uns unmittelbar betrifft, in der Sendung nachvollziehen." Seine Bedingung sei abgelehnt worden.

Keine barrierefreie Wahlinformation

Grobbauer verweist in einer Aussendung auf einen früheren Vorfall im Zusammenhang mit der Salzburger Bürgermeisterwahl im vergangenen März. Für das Interview mit dem Bürgermeister habe die Stadt Salzburg eine Dolmetscherin bereit gestellt. Der ORF habe es aber abgelehnt, diese Dolmetscherin neben dem Bürgermeister ins Kamerabild zu nehmen und mit auszustrahlen. "Dies hatte zur Folge, dass gehörlose Menschen in Salzburg keine barrierefreie Wahlinformation in Österreichischer Gebärdensprache sehen konnten", sagt Grobbauer.

Der Gehörlosenverband habe daraufhin ein Schlichtungsverfahren mit dem Landesstudio auf Grundlage des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes eingeleitet. Der ORF habe dem Verband recht gegeben und versichert, dass so eine Situation nie mehr vorkommen würde.

Grobbauer über den neuerlichen Vorfall: "Ich bin empört über das diskriminierende Verhalten der ORF-Redaktion."

Update, 15.10.2019, 14:20: Die Stellungnahme des ORF

"Die Barrierefreiheit seiner Programme ist für den ORF nicht nur Auftrag sondern auch ein zentrales Anliegen. So hat der ORF seit 2009 den Anteil der mit Untertiteln versehenen Sendungen auf rund 69% 2018 verdoppelt, 2019 wird dieser Wert auf mindestens 70% weiter steigen. Im Bereich der Gebärdensprachdolmetschung baut der ORF sein Angebot heuer auf rund 464 Stunden (2018: 399 Stunden) aus.

Da die Barrierefreiheit für den ORF ein wichtiges Thema ist, hat der ORF-Salzburg selbstverständlich auch in der Sendung "Salzburg heute" und online in salzburg.ORF.at über das 20jährige Bestehen der Gehörlosenambulanz berichtet. Im Rahmen der Dreharbeiten wurde von Herrn Reinhard Grobbauer, Geschäftsführer des Salzburger Gehörlosenverbandes, spontan die Anregung geäußert, einen Gebärdensprachdolmetsch mit ins Bild zu nehmen. Dies konnte ad hoc vor Ort redaktionell und technisch leider nicht umgesetzt werden." (red, 15.10.2019)