Ein französischer Uno-Soldat im Gespräch mit einem Geschäftsmann.

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Malische Rekruten trainieren im EUTM-Missionscamp in Koulikoro bei Bamako den Ernstfall.

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Die Gewalt im westafrikanischen Staat Mali lässt nicht nach. Auch Anfang Oktober gab es wieder schwere Gefechte zwischen der Armee und mutmaßlichen Islamisten, bei denen mindestens ein Soldat sowie 15 Angreifer getötet wurden. 60 Soldaten werden vermisst. Die Kämpfe gelten als die bisher heftigsten in diesem Jahr.

In den Staaten der Sahelzone – einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt – sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben dem "Islamischen Staat" oder Al-Kaida die Treue geschworen. Vor allem in Mali kommt es immer wieder zu Angriffen und Anschlägen, ebenso in den angrenzenden Ländern Burkina Faso und Niger. Auch dort werden Soldaten, Polizisten und zunehmend Zivilisten angegriffen. Mittlerweile wird auch aus dem Norden Benins berichtet, dass sich dort Terroristen ungehindert bewegen.

Internationale Akteure

In dieser sich zuspitzenden Situation werden auch die Bedingungen für die internationalen Akteure vor Ort immer prekärer. In Mali ist seit 2013 die 13.000 Mann starke Uno-Friedenstruppe Minusma stationiert, die vor allem im Norden aktiv ist und sich für die Umsetzung des Friedensabkommens von 2015 einsetzt. Außerdem engagiert sich auf Betreiben Frankreichs auch die EU vor Ort. Jene in Mali ist die größte der drei EU-Ausbildungsmissionen in Afrika. Während in Somalia und der Zentralafrikanischen Republik an die 200 Soldaten Dienst versehen, gehören der EUTM Mali über 700 Soldaten an, darunter auch 48 Österreicherinnen und Österreicher. Geführt wird die EUTM ebenfalls von einem Österreicher, dem Brigadier Christian Habersatter. Die Mission soll die Regierung in Bamako vor allem bei der Ausbildung und Beratung der malischen Streitkräfte unterstützen.

"Die Gefährdungslage ist angespannt", bericht Habersatter dem STANDARD. Während es im Süden noch relativ sicher sei, erfolgen im Norden regelmäßig Anschläge gegen die internationale Gemeinschaft und die malischen Streitkräfte. Neu sei auch die kritische Entwicklung im Zentrum des Landes, wo interethnische Konflikte zwischen sesshaften und halbnomadischen Bevölkerungsgruppen durch extremistische Kräfte instrumentalisiert würden. Während in der Vergangenheit nur Bewegungen im Norden als gefährlich eingestuft wurden, muss laut Habersatter mittlerweile auch das Zentrum des Landes zu diesem gefährdeten Raum gezählt werden.

Uno-Soldaten im Fokus

Gut sieben Jahre ist es jetzt her, dass Tuareg-Rebellen und islamistische Terrorgruppen in Nord- und Zentralmali eine Machtübernahme versuchten. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich schickte umgehend Kampftruppen und verhinderte die Übernahme des Landes durch die Jihadisten. Seither ist Mali mehr oder weniger im Ausnahmezustand, die staatlichen Strukturen sind extrem schwach, ein Friedensvertrag zwischen den Tuareg und der Regierung brüchig. Die Uno-Mission ist auch in Kampfeinsätze involviert. Erst am Sonntag wurde ein UN-Soldat auf einer Sicherheitspatrouille nahe der Stadt Aguelhok im Nordosten des Landes getötet. Auch nahe der Stadt Bandiagara im Zentrum Malis wurden UN-Soldaten angegriffen.

"Eine ganz besondere Herausforderung" sieht EUTM-Chef Habersatter in der Größe des Landes. Die Entfernung zwischen Süd- und Nordgrenze entspricht in etwa der Distanz zwischen Wien und Helsinki. Die malische Armee dagegen habe in etwa die Größe des österreichischen Bundesheers, betont Habersatter.

Experte: Teil der Lösung und des Problems

Die Ausbildung von Polizei und Militär sei eine prinzipiell sehr wichtige Arbeit, sagt Belachew Gebrewold, Professor für Internationale Politik und Migrationsforscher am Management-Center Innsbruck, dem STANDARD. Auch zum Schutz der Zivilisten, von denen ja zahllose in Flüchtlingslagern leben, sei die Präsenz von ausländischem Militär im Rahmen der UN-Friedensmission alternativlos.

Gebrewold zieht trotzdem eine zwiespältige Bilanz. Vor allem die internationalen Soldaten müssten aufpassen, nicht den Überblick über die zahlreichen militanten Gruppierungen zu verlieren und dabei den Fehler zu machen, "mit der einen oder anderen Gruppe aus strategischen Gründen zu kooperieren". So würden sie nach und nach ihre Glaubwürdigkeit als neutraler Akteur verlieren und zwischen die Fronten geraten.

"Ich habe mich über das Thema mit Entscheidungsträgern der Afrikanischen Union ausgetauscht. Sie sind der Überzeugung, dass die Europäer auch Teil des Problems sind", sagt Gebrewold. Den internationalen Akteuren, so der Vorwurf, gehe es nicht um die Bevölkerung, sondern primär um die Wahrung eigener Interessen wie der Bekämpfung von Terror und Migration und des Schutzes von Investitionen.

Migration ist bekanntermaßen tatsächlich ein zentrales Thema für die EU. Zum einen ist das Gebiet nicht nur Transitregion, sondern auch Herkunftsland von Migranten. Zum anderen könnten Islamisten bei einem Zerfall des Staates dort ihre Macht festigen – und das nur eine Landesgrenze vom Mittelmeer entfernt. (mhe, 15.10.2019)