Arbeitssuchende bei der Registrierung in einer Geschäftsstelle des AMS-Wien. Für Personen über 50 Jahre ist es besonders schwer, wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

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Wien – Grundsätzlich positiv beurteilt die Arbeiterkammer (AK) Wien die Wohlstandsentwicklung in Österreich. Großen Handlungsbedarf ortet sie jedoch am Arbeitsmarkt angesichts der aktuellen Konjunkturabschwächung, welche bald auf den Jobmarkt durchzuschlagen droht. Besonders im Fokus hat Markus Marterbauer auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Personengruppen wie Menschen der Generation 50 plus. Man sei schon spät dran bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bei älteren Personen, sagte der AK-Ökonom anlässlich der Präsentation des "Wohlstandsberichts 2019": "Für die muss man spezielle Maßnahmen setzen."

Einen Fall von "Politikversagen" ortet Marterbauer im Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe 55 plus – für ihn eine Folge dessen, dass die Aktion 20.000 von der türkis-blauen Regierung "mutwillig abgedreht" wurde. "Das ist ein massiver Wohlstandsrückgang für die betroffene Gruppe." Hoffnungen setzt er nun auf eine neue Maßnahme nach ähnlichem Strickmuster wie die Aktion 20.000, einst Prestigeprojekt der Vorgängerregierung unter SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern.

50 Millionen für zwei Jahre

Die Neuauflage wird wohl anders heißen, nicht so breit aufgestellt sein und andere Voraussetzungen bringen – die Zielsetzung ist aber eine ähnliche. Für Jobsuchende über 50 werden 50 Millionen Euro für die Jahre 2020 und 2021 in Form von "Beihilfen, Maßnahmen und Beschäftigungsprojekten" bereitgestellt. Konkret geht es um Beschäftigungsförderung durch Lohnsubventionen oder Projekte in sozialökonomischen Betrieben.

Ähnliche Bemühungen für ältere Arbeitslose wurden bereits auf Landesebene gestartet. Etwa die "Joboffensive 50 plus" der Stadt Wien, mit der bis Ende nächsten Jahres 500 beim AMS seit drei Monaten gemeldete Personen der Altersgruppe in städtischen oder stadtnahen Betrieben und Organisationen untergebracht werden sollen.

Auch Programm in Steiermark

Zu Monatsbeginn hat nun auch das Land Steiermark gemeinsam mit dem AMS das Programm "Impulse 50 plus" auf den Weg gebracht hat. Gemeinsam nehmen sie 6,7 Millionen Euro in die Hand, mit denen am Arbeitsmarkt benachteiligte Personengruppen gefördert werden sollen. Dabei handelt es sich um ehemalige Teilnehmer der ursprünglichen Aktion 20.000, Langzeitarbeitslose über 50 Jahre sowie arbeitslos gemeldete Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Bei neuen Anstellungsverhältnissen werden die Lohnnebenkosten bis zu zwölf Monate mit 66 bis 100 Prozent gefördert.

Auch die Vermögenskonzentration in Österreich ist dem Ökonomen Marterbauer ein Dorn im Auge, schließlich sieht er darin eine Gefahr "für Demokratie und Gesellschaft". Der AK sei "weiterhin ernst mit Vermögens- und Erbschaftssteuern", betonte Marterbauer.

Jährliche Klimamilliarde

Aus Sicht der AK drückt auch in der Klimapolitik der Schuh. Sylvia Leodolter, AK-Expertin für Klima und Verkehr, fordert jährliche Ausgaben von einer Milliarde Euro für Investitionen in Infrastruktur. In ihrem Fokus steht dabei die Schaffung von klimafreundlichen, öffentlichen Verkehrsalternativen für Regionen, in denen diese bisher nicht zur Verfügung stehen. Zudem schließt sie den Kreis zur Arbeitsmarktpolitik, indem sie sich für eine verringerte Wochenarbeitszeit ausspricht: "Eine Viertagewoche bedeutet minus 20 Prozent Verkehrsnotwendigkeit."

Positiv entwickelt haben sich laut dem Wohlstandsbericht 2019 viele Faktoren, etwa eine sich langsam schließende Lohnschere zwischen den Geschlechtern sowie ein Rückgang der Mehr- oder Überstunden ohne finanzielle oder zeitliche Abgeltung. Laut AK-Angaben ist vor einigen Jahren jede fünfte Überstunde nicht vergütet worden, aktuell ist es nur noch jede sechste. Dennoch sieht die AK in beiden Bereichen weiteren Handlungsbedarf. (aha, 15.10.2019)