Häufig bleibt eine Infektion mit Chlamydien unentdeckt, denn in 50 bis 75 Prozent der Fälle treten die typischen Symptome nicht auf.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Sexuell übertragbare Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Eine der häufigsten dieser Infektionen ist jene mit Chlamydien (Chlamydia trachomatis), die alles andere als harmlos ist. Bei Frauen ist schon länger bekannt, dass sie eine Infektion mit diesen intrazellulär lebenden Bakterien unfruchtbar machen kann. Die Bakterien können nämlich zu chronischen Unterbauchentzündungen und verklebten Eileitern führen. Beim Mann können die Chlamydien in Hoden, Nebenhoden und Prostata Entzündungen verursachen.

Doch gibt es auch bei Männern einen Zusammenhang zwischen einer Chlamydieninfektion und Unfruchtbarkeit? Clamydia trachomatis kann zumindest männliche Mäuse unfruchtbar machen. Werden die Hoden der männlichen Tiere infiziert, beeinträchtigt das nicht nur ihre Spermienproduktion, sondern auch das Bewegungsvermögen ihrer Spermien.

Bislang nur Korrelation festgestellt

Australische Forscher der Queensland University of Technology in Brisbane wollten nun wissen, ob die Situation beim Mann dieselbe ist. Das Forscherteam um Ken Beagley untersuchte 95 archivierte Proben von Hodengewebe, das von Männern stammte, die vergeblich versucht hatten, ein Kind zu zeugen – und im Ejakulat keine Spermien hatten. Fast die Hälfte (45,3 Prozent) der Probanden war mit Chlamydia trachomatis infiziert.

Weitere 18 Proben, diesmal frisches Hodengewebe, stammen zum einen von Männern, denen das Gewebe entnommen wurde, um ihren Fertilitätsstatus zu bestimmen. Zum anderen von Männern, bei denen Spermien für eine künstliche Befruchtung direkt aus dem Hodengewebe isoliert wurden, um sie anschließend direkt in die Eizellen zu injizieren. In drei (16,7 Prozent) der 18 Proben frischen Hodengewebes war C. trachomatis nachweisbar.

Bei zwölf weiteren Männern (66,7 Prozent) wurden die Forscher im Blutserum fündig: Die Männer waren den Chlamydien ausgesetzt, weshalb sich Antikörper gegen C. trachomatis gebildet hatten. Bei den Betroffenen waren keine Symptome aufgetreten. Ein möglicher Kritikpunkt an der Studie: Eine Kontrollgruppe von gesunden fertilen Männern war nicht vorhanden. Die in "Human Reproduction" veröffentlichten Studienergebnisse legen zwar nahe, dass Chlamydien auch beim Mann Fertilitätsprobleme verursachen können, allerdings handelt es sich bislang nur um eine Korrelation. Allein das Vorhandensein von Chlamydia trachomatis im Hodengewebe unfruchtbarer Männer beweist noch nicht, dass Chlamydien für die Infertilität verantwortlich sind.

Impfung gegen Chlamydien

Es ist möglich, eine Chlamydieninfektion mit Antibiotika zu behandeln. Das setzt voraus, dass eine Chlamydieninfektion auch bekannt ist. Typische Symptome wie Ausfluss, Schmerzen beim Sex und Brennen beim Wasserlassen treten aber bei etwa 50 bis 75 Prozent der infizierten Männer und Frauen nicht auf. Das birgt nicht nur das Risiko einer Unfruchtbarkeit, sondern auch der unwissentlichen Übertragung der Chlamydien auf den Sexualpartner. Er sollte ebenfalls behandelt werden, um einen Ping-Pong-Effekt zu vermeiden.

Möglicherweise ist es in ein paar Jahren möglich, noch nicht mit Chlamydien infizierte Männer und Frauen gegen Chlamydien zu impfen. Wissenschafter vom Imperial College in London haben erstmals einen Impfstoff gegen die Bakterien in einer Phase-1-Studie getestet. Der Impfstoff aktivierte das Immunsystem und erwies sich als gut verträglich. Ob allerdings damit ein ausreichender Impfschutz erzielt wird, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

Ursachen für Unfruchtbarkeit beim Mann

In rund 40 Prozent der Fälle liegt es eindeutig am Mann, wenn ein Paar ungewollt kinderlos bleibt. Eine Chlamydien-Infektionen beim Mann wäre nicht die einzige Ursache für Fertilitätsprobleme. Der häufigste Grund ist eine gestörte Spermienproduktion in den Nebenhoden. Entweder werden zu wenige oder gar keine Spermien gebildet oder die Spermien sind deformiert und bewegen sich nicht gut. Die Spermienbildung ist störanfällig. Sie hängt davon ab, dass Nährstoffe zur Verfügung stehen und optimale Temperaturbedingungen herrschen.

Mögliche Störfaktoren sind deshalb Entzündungen des Hodengewebes, Tumore, genetische Faktoren wie das Vorhandensein eines zweiten X-Chromosoms, Giftstoffe, falsche Ernährung und Übergewicht, die längere Einnahme von Antibiotika, Antihistaminika und Anabolika. Auch Krampfadern im Hodensack sind problematisch, denn sie führen zu einem Blutstau. Das Hodengewebe wird infolge dessen überwärmt, was übrigens auch bei einem Hodenhochstand der Fall ist. Auch Nikotin kann die Spermienqualität reduzieren, indem es deren Zellkraftwerke schädigt.

Es ist möglich, dass die Spermienproduktion selbst gut funktioniert, aber beispielsweise die winzigen Kanäle in den Nebenhoden verklebt sind – und die Spermien deshalb nicht in den Samenleiter gelangen können. Auch der Samenleiter selbst kann blockiert sein. Manchmal kommt es sogar vor, dass der Mann Antikörper gegen die eigenen Spermien bildet. Kommen die Samenzellen aufgrund von Entzündungen oder Verletzungen in Kontakt mit dem Blut beziehungsweise den darin auftretenden Antikörpern, dann verklumpen die Spermien im Ejakulat nach und nach. Auch Stress kann sich negativ auf die Spermienqualität auswirken. (Gerlinde Felix, 21.10.2019)