Zwischen vorbildlich recycelten grünen Plastikflaschen, aber auch in Verruf geratenem schwarzem Kapselkaffee präsentiert Parteichef Werner Kogler am Dienstag sein Sondierungsteam – und lobt die Truppe, die mit der ÖVP mögliche Koalitionsverhandlungen ausloten soll, über den grünen Klee.

DER STANDARD hat die sechs Player der Ökos vorab einer schonungslosen Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen: Neben den zwei grünen Veteranen Kogler und Rudolf Anschober sowie Wiens Parteichefin Birgit Hebein und der Listenzweiten Leonore Gewessler gibt es zwei überraschende Nominierungen: Alma Zadic, bis vor kurzem noch bei Peter Pilz im Team, und Koglers langjährigen Mitarbeiter im Parlamentsklub, Josef Meichenitsch, derzeit oberster Geldwäscheprüfer bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde.

Der Budgetexperte soll die Grünen vor allem beim traditionellen Kassasturz der Republik unterstützen, bevor überhaupt Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden können. Damit nicht genug, bestehen Koglers Vertraute gegenüber der ÖVP auch auf einen "Klimakassasturz". Soll heißen: Angesichts der dramatischen Überschreitungen der klimaschädlichen CO2-Emissionen mit 2017 wollen die Grünen die Zahlen selbst eingehend überprüfen – und damit auch mögliche Strafzahlungen, die auf das Land zukommen könnten.

WERNER KOGLER

Foto: APA/Techt

Karriere: Seit den Neunzigerjahren ist Kogler quasi grüner Berufspolitiker. Lange Zeit war der studierte Volkswirt Budgetsprecher seiner Partei im Parlament, ehe er im Herbst 2017 nicht ganz freiwillig zum Parteichef aufstieg.

Stärke: Nach dem grünen Exodus im Nationalrat hielt der Steirer als einsamer Bundessprecher ohne Gehalt die Stellung. Mit 29. September ebnete der 57-Jährige den Ökos als Frontmann den Wiedereinzug – mit respektablen 14 Prozent.

Schwäche: Kann ohne Punkt und Komma sprechen – und redet womöglich schon beim Sondieren alle nieder.


LEONORE GEWESSLER

Foto: APA/Neubauer

Karriere: Bevor Kogler die Umweltaktivistin als Quereinsteigerin und Listenzweite zu den Grünen holte, kampagnisierte Gewessler für Global 2000 gegen TTIP und Ceta.

Stärke: Weil die 42-Jährige nach fünf Jahren an der Global-2000-Spitze mit großen Organisationen, aber auch mit den Abläufen in Brüssel vertraut ist, gilt sie als Verhandlungstalent. Im letzten Extremsommer rechnete sie etwa die hohe Anzahl von Hitzetoten gegenüber den Verkehrstoten auf.

Schwäche: Muss sich am Sondierungstisch erst Aufmerksamkeit verschaffen, denn: Außer eingefleischten Grünen kennt sie fast kein Mensch.


RUDOLF ANSCHOBER

Foto: APA

Karriere: Der ehemalige Volksschullehrer zog 1990 für die Grünen als Anti-Atom-Bewegter und Verkehrssprecher in den Nationalrat ein, ehe es den Oberösterreicher zurück in seine Heimat zog. Als erster grüner Landesrat koalierte Anschober dort mit Schwarz – zwei Perioden lang, von 2003 bis 2015.

Stärke: Der 58-Jährige kennt die ÖVP in- und auswendig. Bei den Lehrlingen mit negativem Asylbescheid ließ der Integrationslandesrat nicht und nicht locker – wodurch bei Türkis immerhin ein erstes Umdenken entstand.

Schwäche: Predigt mitunter wie ein Pfarrer, ist aber keiner.


ALMA ZADIC

Foto: APA/Punz

Karriere: Bei den Grünen ist Zadic noch ein Greenhorn, aber dennoch schon mit allen Wassern gewaschen: 2017 von Peter Pilz für seine Liste entdeckt, arbeitete sich die Anwältin zur Expertin für innere Sicherheit im Untersuchungsausschuss rund um den Verfassungsschutz empor. Auch die Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen ist der 35-jährigen gebürtigen Bosnierin ein großes Anliegen.

Stärke: Hat sich in die ständigen Personalquerelen bei der Liste Pilz nie hineinziehen und damit auch nicht herunterziehen lassen.

Schwäche: Mögliches Ziel für ÖVP-Abwerbeprofi Reinhold Lopatka.


JOSEF MEICHENITSCH

Foto: APA

Karriere: Bevor Meichenitsch jetzt wieder zu den Grünen stieß, legte der studierte Volkswirt eine steile Karriere hin: Von 2015 bis 2017 war der derzeitige Leiter der Geldwäscheprüfungen bei der Finanzmarktaufsicht bei der irischen Zentralbank tätig.

Stärke: Einst als Grüner schon für Kogler als Finanzexperte tätig, kann die ÖVP dem 40-Jährigen beim Budget schlecht ein X für ein U vormachen – und bei der Parteienfinanzierung wohl auch nicht.

Schwäche: Wird parteiintern als "nett", "voll lieb" und "umgänglich" gelobt – das kann am Verhandlungstisch mit Türkis auch schiefgehen.


BIRGIT HEBEIN

Foto: Der Standard/Cremer

Karriere: Sozialpolitik hat Hebein von ganz unten kennengelernt: Anfang der Neunzigerjahre arbeitete sie im Bahnhofdienst der Caritas. 2003 trat die 52-Jährige den Grünen bei. Zunächst engagierte sich die gebürtige Kärntnerin in ihrem Wiener Wohnbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus als Bezirksrätin, 2010 wechselte sie in den Gemeinderat. Im Vorjahr setzte sie sich dann überraschend im Kampf um Maria Vassilakous Nachfolge als grüne Wiener Landeschefin durch – und ist seither auch Vizebürgermeisterin.

Stärke: Ist links und steht dazu.

Schwäche: Braucht ab und zu eine Rauchpause – wie UHBP VdB. (Marie-Theres Egyed, Nina Weißensteiner, 16.10.2019)