Bulgarien wurde wegen schlechter Werte bereits von der EU-Kommission ins Visier genommen.

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Kopenhagen – Feinstaub und andere Luftschadstoffe führen nach Angaben der Europäische Umweltagentur (EEA) dazu, dass jährlich Hunderttausende Menschen in Europa vorzeitig sterben. Trotz einer Verbesserung der Luftqualität auf dem Kontinent hat die Luftbelastung durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahem Ozon im Jahr 2016 rund 400.000 vorzeitige Todesfälle allein in der EU verursacht, 5.300 davon in Österreich.

Das geht aus dem Jahresbericht zur Luftqualität in Europa hervor, den die Agentur am Mittwoch in Kopenhagen veröffentlichte. Beinahe alle in Städten lebende Europäer seien einer Luftbelastung ausgesetzt, die über die empfohlenen Werte der Weltgesundheitsorganisation WHO hinausgehe, urteilte die EEA. Diese Verschmutzung führe zu Gesundheitsproblemen und einer geringeren Lebenserwartung, aber auch zu wirtschaftlichen Einbußen etwa durch wachsende Kosten im Gesundheitssektor und geringere Ernteerträge. Eine Verringerung der Luftverschmutzung würde dagegen vorzeitige Todesfälle reduzieren und die Produktivität steigern, befand die Agentur. Die Einwohner vieler europäischer Städte forderten zudem eine sauberere Luft für sich und ihre Kinder ein.

"Europa hat jetzt eine einmalige Gelegenheit, um eine ambitionierte Agenda aufzustellen, mit der die systematischen Ursachen von Umweltbelastungen und Luftverschmutzung angegangen werden", erklärte EEA-Direktor Hans Bruyninckx. Es sei an der Zeit, die Veränderungen in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Transport zu beschleunigen.

412.000 vorzeitige Todesfälle in 41 europäischen Ländern

Besonders Feinstaub (PM2,5) machte die EEA als weiterhin bestehende Gesundheitsgefahr aus: Für insgesamt knapp 412.000 vorzeitige Todesfälle in 41 europäischen Ländern war er nach Angaben der Agentur verantwortlich. Darunter wurden 2016 allein rund 374.000 in den 28 EU-Staaten und 5.300 in Österreich verzeichnet. Stickstoffdioxid machte rund 71.000 (EU: 68.000, Österreich: 1.000) Todesfälle aus, bodennahes Ozon 15.100 (EU: 14.000, Österreich: 270). Dabei gibt es Überlappungseffekte – das bedeutet, dass manchen Todesfällen mehrere Ursachen zugrunde liegen.

Obwohl die Luftbelastung weiter ein Problem sei, bestätigten die Daten, dass verbindliche Vorschriften und lokale Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität Wirkung zeigten, hieß es in dem Bericht. Beispielsweise sei die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Feinstaubbelastung 2016 im Vergleich zum Jahr 2015 um knapp 17.000 zurückgegangen. Seit 1990 sei dieser Wert um etwa eine halbe Million kleiner geworden.

Dennoch müsse noch intensiver daran gearbeitet werden, dass die Luftqualität überall in der EU den Standards entspreche, erklärte EU-Umweltkommissar Karmenu Vella. Es sei einfach inakzeptabel, dass man sich Sorgen darum machen müsse, ob die Luft, die man einatme, sicher sei oder nicht, wurde er von der EEA zitiert.

Luftbelastung wird weiter geringer

Dass die Luftbelastung weiter geringer werde, sei positiv, sagte der Geschäftsführende Direktor des Geographischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin, Christoph Schneider. Allerdings zeige ihre langsame Abnahme, dass die Bemühungen für eine reinere Luft fast überall in Europa nicht ausreichend seien.

Dem Bericht liegen im Jahr 2017 gesammelte Messdaten zugrunde, die Anzahl der errechneten vorzeitigen Todesfälle beruht auf Daten aus dem Jahr 2016. Dies sind die jeweils aktuellsten Erhebungen. (APA, red, 16.10.2019)


Anmerkung: Der Artikel wurde um 18:35 mit einer aktuellen Meldung ergänzt. In einer vorherigen Version des Artikels war fälschlicherweise von 400.000 toten Frühgeborenen und nicht von 400.000 Todesfällen durch Feinstaub die Rede. Wir bedauern den Übersetzungsfehler und bedanken uns bei den Hinweisen aus dem STANDARD-Forum.