Das tschechische AKW Dukovany soll um zwei Reaktoren erweitert werden.

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Prag – Tschechien will nach dem Neubau des Atomkraftwerks in Dukovany auch das umstrittene AKW Temelín ausbauen. "Im Zeitraum von fünf Jahren erwartet uns eine neue Diskussion über den Atomausbau. Ich bin wir fast sicher, dass wir einen Ausbau Temelíns nicht vermeiden können", sagte Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček dem Nachrichtenportal idnes.cz.

Dort gebe es nämlich schon Kapazitäten für neue Reaktorblöcke, argumentierte der Minister. Als "völlig unrealistisch" bezeichnete er die Idee, Kohle künftig durch erneuerbare Energiequellen und Gas zu ersetzen, "falls man nicht finanziell ausbluten will". "Und auch wenn wir das wollten, könnte man das höchstwahrscheinlich nicht meistern. Für Windkraft haben wir nicht die geografischen Bedingungen, und für Solarenergie müssten wir die Hälfte des Landes mit Paneelen verbauen", meinte Havlíček.

Kritik von Köstinger und Anschober

Die ehemalige Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ortet in den Plänen den nächsten Schritt einer fehlgeleiteten Energiepolitik in Tschechien. "Ich halte das wirklich für eine völlige Fehlentwicklung, die für die österreichische Bevölkerung höchst gefährlich und in der Sache unverständlich ist." Atomkraft könne nie und nimmer eine taugliche Alternative für mehr Klimaschutz sein. Köstinger fordert einen parteienübergreifenden nationalen Schulterschluss, um sich gegen die tschechischen Ausbaupläne zu wehren.

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Auch der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) zeigt sich entsetzt. Er rechnet vor, dass man rund tausend Atomkraftwerke bauen müsste, damit Atomstrom fünf Prozent Anteil an einem klimafreundlicheren Energiemix hat. "Die Atomenergie ist ein schwerer Schaden für den Klimaschutz, denn sie ist völlig unwirtschaftlich und bindet Milliarden, die für die echte Energiewende zu Erneuerbaren und Energieeffizienz fehlen", so Anschober.

Kohle durch Atomkraft ersetzen

Havlíček sieht in erneuerbaren Energiequellen zwar keine schlechte Alternative, glaubt aber nicht, dass sich der aktuelle Kohleanteil anders als durch Atomkraft senken lasse.

Nach bisherigen Plänen soll das AKW Dukovany mit seinen vier Reaktorblöcken um zwei Reaktoren erweitert werden. Bis Ende des Jahres will die tschechische Regierung mit dem Energiekonzern ČEZ einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen, damit kommendes Jahr das Ausschreibungsverfahren beginnen kann. Derzeit stammt ein Drittel der Energie in Tschechien aus Atomstrom. (APA, red, 16.10.2019)