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Fleischlos vegetarisch geht schon, vegan ist selten.

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Fünfundsechzig internationale Wissenschafterinnen und Wissenschafter fordern in einem offenen Brief öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser oder Kantinen auf, weniger Fleischmahlzeiten anzubieten. Begründung: Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte verursachen bis zu 100-mal weniger Treibhausgasemissionen als Fleisch.

Eine Reduktion von Fleischmahlzeiten ist daher ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Klimakrise, schickt Greenpeace als Hintergrundinformation voraus. Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien, Mitunterzeichner dieser Aktion, verspricht auch einen positiven Effekt für die Gesundheit: "Es geht nicht darum, jemanden das Schnitzel wegzunehmen. Wir wollen die Menschen zu einem maßvollen Fleischkonsum bewegen. Studien belegen, dass ein übermäßiger Fleischkonsum zu Fettleibigkeit, Diabetes mellitus Typ 2 und diversen Krebserkrankungen beiträgt."

Laut Hutter müssen nicht nur weniger Schnitzel auf die Teller, sie müssen auch kleiner werden. Pro Woche sollte nicht mehr als 300 bis 450 Gramm Fleisch für die Klimarettung verspeist werden. Das entspricht etwa zwei bis drei Fleischmahlzeiten. Im Durchschnitt essen Männer in Österreich pro Woche 900 bis 1300 Gramm Fleisch, Frauen 480 bis 560 Gramm. Was für den Umweltmediziner zusätzlich eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielt: Woher kommt das Fleisch, wie wurde das Tier gehalten, und womit wird es gefüttert. "In einem Billigfleisch steckt billiger Transport und eine billige Haltung. Das Futter für die Tiere kann durchaus von abgebrannten Amazonas-Wäldern stammen."

Sieht gut aus – und?

"Betriebskantinen sind weitaus besser als ihr Ruf. Bei der Verarbeitung von regionalen Produkten liegen wir weltweit im Spitzenfeld", sagt Manfred Ronge, Geschäftsführer des Dachverbands der Österreichischen Gemeinschaftsverpfleger. Für Mitarbeiter sind Kantinen ein willkommenes Zuckerl des Arbeitgebers. Viele Kantinen ähneln optisch hippen Restaurants, und Speisekarten müssen sich nicht mehr im Intranet verstecken.

Kürbisravioli in brauner Butter mit Parmesan und Rucola, indisches Butterhuhn mit Basmatireis, Kichererbseneintopf mit Tofu und Pitabrot oder Schweinsschnitzel Pariser Art stehen an einem Montag in der Kantine auf dem Erste Campus auf dem Speiseplan. Mit Suppe, Salat und Nachspeise kosten die Menüs abzüglich des Essenszuschusses zwischen vier und sieben Euro. Mehr will man laut Dachverband auch nicht in der Kantine ausgeben.Nach einem dreißigminütigen Lokalaugenschein wird deutlich: Die Köchin des veganen Kichererbseneintopfs wartet sehnlichst auf Kundschaft. Ihr Kollege bei den vegetarischen Ravioli hat alle Hände voll zu tun. Er kann fast mit dem Kollegen, der die Pariser Schnitzeln verteilt, mithalten. Manche vegetarischen Gerichte können sich durchaus mit Fleischspeisen messen. "Käsespätzle und geröstete Knödel verkaufen sich bis zu 600-mal pro Tag", sagt Petra Antoni, Geschäftsführung Gastronomie und Events der EB-Restaurantbetriebe. Bei durchschnittlich 1550 verteilten Essensportionen pro Tag ist das kein Pappenstiel.

Woher kommst Du?

Um der Frage nach der Herkunft des Fleisches für das Pariser Schnitzel auf die Spur zu kommen, bedarf es einer Rückfrage. Angeschrieben wird es in der Kantine oder am Speisenplan im Intranet nicht. "Nach Möglichkeit wird das Fleisch aus Österreich bezogen, manche Fleischsorten aus den Nachbarländern Deutschland und Ungarn", gibt Antoni an. Das Fleisch für das Pariser Schnitzel sollte mit großer Wahrscheinlichkeit aus Österreich kommen, aber genau beantworten kann man es nicht.

Kantinenriese Eurest Österreich, der 90 Kantinen in Österreich betreibt, lässt auf Anfrage wissen, dass die Kantinen seiner Kunden wie Siemens, OMV oder Bosch mit Fleisch aus Österreich versorgt werden. Ausnahmen werden nur gemacht, wenn die Verfügbarkeit eines Produkts nicht zu 100 Prozent gewährleistet ist – und das komme angeblich selten vor. Dass Kantinenbetreiber einen Trend zur gesunden Ernährung bei ihrer Gäste erkennen, könnte den Wissenschaftern, die für den Klimaschutz eintreten, Hoffnung geben. "Mittlerweile greift der klassische österreichische Schnitzelesser zu einer vegetarischen oder veganen Alternative", sagt Storch von Eurest Österreich.

Es ist noch sehr traditionell

Waldemar Benedict, Geschäftsführer der Marienhof Gastrogruppe, sieht das ähnlich: "Die Nachfrage an Alternativen zu Fleischgerichten wie frischen Salaten, vegetarischen Gerichten und leichter, gesunder Kost ist in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen." Aber Benedict hält auch fest: "Die Essgewohnheiten sind noch immer sehr traditionell. Beliebte Klassiker sind bei uns Schnitzel, faschierte Laibchen, Schweinsbraten, steirisches Backhenderl und die Eiernockerln." Das bestätigt auch der Lokalaugenschein in der Kantine auf dem Erste Campus. In dreißig Minuten ziehen mehr Pariser Schnitzel als Kichererbseneintöpfe vorbei.

Ob der Aufruf der Forscherinnen und Forscher nach weniger Fleisch auch in Betriebskantinen Gehör finden wird? Gearbeitet wird bewusst oder unbewusst daran. Auf dem Erste Campus kommt man bei Salat, Obst und an einem vegetarisch und veganen Menü nicht vorbei. Kreativ zeigt sich auch Eurest mit Aktionstagen wie einem klimafreundlichen September, bei dem täglich ein veganes Gericht angeboten wurde. Die Marienhof-Gastrogruppe orientiert sich primär an ihren Gästen: "Wir sind in erster Linie den Wünschen und Bedürfnissen der Gäste verpflichtet. Unser Auftrag ist es nicht, unsere Gäste zu erziehen." In der Erste-Campus-Kantine sieht man das ähnlich: "Unsere Kundinnen und Kunden bestimmen das Angebot. Wichtig ist, dass es genug Alternativangebote gibt. Wenn sich die Verkaufszahlen von vegetarischen und veganen Gerichten erhöhen, werden wir natürlich entsprechend darauf regieren", sagt Antoni. (21.10.2019)